News Detail: CD: Top Tipps |
POP/ROCK / DEUTSCH
Extrabreit:
Frieden
Aha, da hat sich ja in 20 Jahren nicht viel verändert, denkt man
bei den ersten Tracks des neuen Extrabreit-Albums. Gleich der Opener "Neues
Spiel" könnte mit seinen flächigen Gitarrenriffs, dem simplen
Rhythmus und dem eingängigen Mitsing-Refrain ganz gut auch Anfang
der Achtziger entstanden sein. Ist vielleicht kein Wunder, sind doch mit
Sänger Kai Hawaii, Stefan Kleinkrieg an der Gitarre und Rolf Möller
an der Schiessbude die wichtigsten Protagonisten noch die selben wie anno
dunnemals. Musikalisch hauen auch die folgenden Songs in die 'fröhlicher
Schweinerock'-Kerbe. Das ist kein Punk (weil viel zu lieb) und schon gar
kein Indierock (weil zu simpel). Das sind Extrabreit, wie man sie aus
früheren Tagen kennt, die schauen nicht zurück und schon gar
nicht voraus, die geben unbeschwert und fröhlich Gas. Man muss schon
auf die Texte hören, um festzustellen, dass die Jahre auch an den
Spass-Dadaisten der Neuen
Deutschen Welle nicht spurlos vorüber gegangen sind. Tatsächlich
thematisiert Hawaii gleich in mehreren Stücken das Alter, die verlorenen
Illusionen und die Frage, wie lange sich das alles noch durchhalten lässt.
Andere Texte setzen sich kritisch politisch mit den "Multis &
Der Staat" auseinander, aber der Tenor bleibt immer der Gleiche.
Hauptsache nicht unterkriegen lassen, und das ist doch mancher Plattitüde
und vielen Nanananas zum Trotz eine schöne Maxime. Thematisch passt
das Barry Ryan-Cover "Die Zeit Macht Nur Vor Dem Teufel Halt"
natürlich bestens in diesen Kontext, musikalisch fällt der Track
mit seinem quasi unaufhaltsamen Maschinenrhythmus etwas aus dem Rahmen.
"(K)ein Traum" zeigt mit seinen Dark Wave-Keyboardflächen,
dass Extrabreit auch anders könnten, wenn sie wollten.
Ein zweiter stilistischer Ausreisser ist das mit einer melancholischen
gestopften Trompete angejazzte "Dies & Das & Jenes".
Hier nähern sich Extrabreit erstmals dem Betroffenheits-Deutschrock
und vermitteln damit vor allem die Erkenntnis, dass Stefan Kleinkrieg
sich unbedingt vom Mikro fernhalten sollte. Weitere Totalausfälle
sind die billige Malocher-Folklore von "Männer Ohne Gleichen"
und das überaus kitschige "All Die Goldenen Jungs". Insgesamt
aber kann sich das Album durchaus hören lassen, gerade weil es nicht
krampfhaft versucht, modern zu wirken. Extrabreit müssen sich nicht
neu erfinden, sie haben mit dem, was sie können und was nicht, offenbar
ihren "Frieden" geschlossen.
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POP/ROCK
Bruce
Springsteen: Devils & Dust (CD & DVD)
Aller guten Dinge sind drei. "Nebraska", "The Ghost Of
Tom Joad" und "Devils & Dust". Bruce
Springsteen lässt den Rocker wieder Rocker sein und konzentriert
sich einmal mehr darauf, Geschichten zu erzählen, statt die Lautstärke
auf zehn zu drehen. Und das Resultat beeindruckt.
Dabei steht "Devils & Dust" in konträrer Position zu
"The Rising". Thematisiert er mit seinem letzten Studio-Output
noch den 11. September und spricht damit vielen seiner Landsleute aus
der Seele, bringt er mit dem Titeltrack die Auswirkungen dieses Tages
zur Sprache. Nachdem die Vereinigten Staaten wie ein verletztes Tier militärisch
wütend um sich schlagen, stehen die GIs an vorderster Front. Mit
"I got my finger on the trigger, but I don't know who to trust"
versucht Springsteen denjenigen eine Stimme zu geben, die in der patriotischen
Verklärung eigentlich standhaft und stark sein sollten. Verwirrung
stellt sich ein. Plötzlich ist gar nichts mehr sicher. Der Boss kleidet
dies in sanfte Töne und begleitet sich auf der Akustischen selbst.
Erst später fächert die Instrumentierung mit Drumsamples und
Streichern etwas aus, ohne die eindringlichen Worte des Textes mit übermässigem
Pomp zuzukleistern. "All The Way Home" stellt insofern einen
Ausreisser dar, als Springsteen hier zum ersten und einzigen Mal so etwas
wie eine Uptempo-Nummer kreiert. Rustikaler Mundharmonika-Einsatz über
ein fein rumpelndes Schlagzeug halten den Song aber im atmosphärischen
Rahmen. Und der ist zurückgenommen, reduziert, auf einen Singer/Songwriter-Kontext
beschränkt. Das beweist eindrucksvoll das überragende "Reno",
in dem Springsteen erzählt, wie eine Nutte ihm einen bläst,
seine Gedanken jedoch zu seiner Geliebten abschweifen. Das dürfte
für den Durchschnitts-Amerikaner doch etwas zu explizite Lyrik sein.
Lediglich Akustik- und Slide-Gitarre sowie äusserst dezente Keyboard-Klänge
untermalen dieses hervorragende Stück Strassenpoesie, dessen Stimmung
fast ein wenig an die Sauf- und Fickgeschichten eines Bukowskis
erinnert. Stilistisch klebt Springsteen nicht am Stuhl fest, sondern springt
- im dezenten Rahmen versteht sich - zwischen Country, Folk, Blues und
sanften Gospel-Anklängen hin und her. Simple Melodien prägen
das Gesamtbild. Von einem simplen Springsteen-Album zu sprechen, würde
"Devils & Dust" aber nicht gerecht. Intensiv, packend und
eindringlich erzählt der Boss seine Stories. Auf den Punkt gebrachtes
Songwritertum, zwar abgespeckt, aber dennoch intensiv in seiner Ausdruckskraft.
Dass auf der beiliegenden DVD das komplette Album im 5.1.-Sound zu hören
ist, ist ein Schmankerl, das allem die Krone aufsetzt. Nicht unbedingt
nötig, aber das nehmen wir doch gerne mit. Auch auf seinem 19. Album
hat Bruce
Springsteen immer noch etwas zu sagen. "Devils & Dust"
zieht dabei am Ohr des Hörers vorbei wie ein Roadmovie in schwarz/weiss.
Hervorragend.
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DEATH-/TRASH METAL
Napalm
Death: The Code Is Red... Long Live The Code
"The Code Is Red ... Long Live The Code", "The King Is
Dead ... Long Live The King", oder so ähnlich. Letzter Ausspruch
kommt zum Einsatz, wenn ein Monarch den goldenen Löffel abgegeben
und der nächste ihn schon wieder in der Schnauze hat. Frei übersetzt
also "Same Shit - Different Day", was sich auch hervorragend
auf die gerade abgeschlossene Papstwahl übertragen lässt.
Auf Napalm
Death trifft das jedoch nur bedingt zu. Zwar kann man von den
britischen Grindcorelern keine massive Kurskorrektur erwarten (die will
mit Sicherheit auch niemand haben) aber für die eine oder andere
Überraschung sind sie immer wieder gut. Zu denen muss man sich aber
erst vorarbeiten, denn die ersten fünf Tracks rasieren wie üblich
auch einen Yeti blitzblank, bis er aussieht wie Reinhold Messner mit Frisur.
Dann fährt das Quartett aber Gastsänger auf, die sich gewaschen
haben. Sich die Mithilfe von Hatebreeds
Jamey Jasta zu sichern, dürfte wohl nicht so das Problem gewesen
sein, denn der Kerl ist ja für jeden Spass zu haben, dennoch sind
"Instruments Of Persuasion" und "Sold Short" zwei
kernig gute Kracher. Die wirklichen Überraschungen packen Napalm
Death aber mit Ex-Dead
Kennedys Fronter Jello Biafra und dem ehemaligen Carcass
Giftzwerg Jeff Walker aus. Während Ersterer auf "The Great And
The Good" mit seiner unverwechselbaren Stimme mitjammert, faucht
Letzterer mit "Pledge Yourself To You" nach Jahren der Abstinenz
endlich mal wieder in ein Micro. Wenn man sich aber gerade damit abgefunden
hat, dass die Engländer auch auf ihrem 14. Studioalbum auf der wilden
Raubsau durch die Botanik brettern, lassen sie "Striding Purposefully
Backwards" langsam ausklingen und nahtlos in das doomige "Morale"
übergehen. Scheinbar ist die Nummer, bei der Barney gesangliche Ähnlichkeiten
zu Killing
Joke-Sänger Jaz Coleman offenbart, eine Huldigung an die
Noisecoreler von Swans. Um den Kreis zu schliessen: Während sich
unser Ex-Ratzinger und Neu-Benedikt wohl lieber den linken Flügel
abkaut, ehe er auch nur ansatzweise den Kurs verändert, lassen sich
Napalm Death
nicht lumpen und sorgen für reichlich Abwechslung in ihrem Programm.
Trotzdem sollte sich kein Altfan vor dem Kopf gestossen fühlen, denn
"The Code Is Red ... Long Live The Code".
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DISCO / R &
B
Lemar:
Time To Grow
Gibt es Entwicklungen im R'n'B? Und wenn ja - wo finden sie statt? Ich
werde den Eindruck nicht los, dass sich seit Jahren eine Platte dieses
Genres wie die andere anhört. Mehr oder weniger stimmgewaltige Interpreten
singen von Liebe und Leid und wollen dabei klingen und aussehen wie Usher.
Ungefähr darauf war ich bei Lemar
Obikas zweitem Album "Time To Grow" vorbereitet, verdiente sich
der Junge aus Tottenham doch seine ersten Lorbeeren als Support-Act für
Destiny's
Child - und eben Usher.
Aber hallo! Gleich die erste Nummer überrascht: "Soulman",
produziert von Fitzgerald Scott, ist grossartig. Unglaublich funkige Bläsersätze
gemahnen an die 70er Jahre, dazu ein frischer Beat - das Resultat ist
ein klasse Dancefloor-Filler, der so auch von Jamiroquai
stammen könnte. Schade, dass es das dann auch schon war und das Album
in den befürchteten Softporno-Sound kippt. Nicht schlecht zwar, die
Tracks verfügen sämtlich über eingängige Melodien.
Lemar braucht
sich, was seine stimmlichen Qualitäten angeht, vor seinen Vorbildern
R. Kelly
und Stevie
Wonder bestimmt nicht zu verstecken; so zu hören besonders
im Titelsong "Time To Grow". "Call Me Daddy" punktet,
weil es mit etwas angezogenem Tempo nicht ganz so weichzeichnermässig
rüberkommt. Die Singleauskopplung "If There's Any Justice"
bietet noch einmal wunderbar arrangierte Streicher und Bläser (verantwortlich
diesmal: Jerry Hey, der unter unzähligen anderen für Earth,
Wind & Fire, Sly
Stone und Donna
Summer tätig war); auch hier grüssen die 70er freundlich
um die Ecke. Aber abgesehen von diesen kleinen Highlights ist "Time
To Grow" eben doch nur ein weiteres R'n'B-Album: abgegriffen und
entsetzlich absehbar.
Bis auf "Soulman". "Soulman" ist toll.
Um Lemar muss
man sich keine Sorgen machen: Die Mädels werden diese Platte lieben.
Genug, um wie Lemars
Debüt-Album "Dedicated" Doppel-Platin-Status zu erreichen?
Gut möglich. Möglich ist alles.
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POP/ROCK / R &
B
Tweet:
It's Me Again
Nachdem Tweet
2002 mit der Single "Oops (Oh My)" und dem Album "Southern
Hummingbird" international auf sich aufmerksam machte, erscheint
nun mit einiger Verspätung "It's Me Again". Ursprünglich
sollte ihr zweites Album bereits Anfang 2004 Gehör finden. Nach dem
Labelwechsel von Elektra zu Atlantic wurden die Bänder jedoch komplett
überarbeitet.
Wie schon bei "Southern Hummingbird", überwacht auch bei
"It's Me Again" die Freundin und Mentorin Missy
Elliott die gesamte Produktion. Bei 6 der 15 Titel hält sie
das Zepter fast komplett in der Hand. Der ersten Singleauskopplung "Turn
Da Lights Off" beispielsweise verpasst sie eine unverkennbare Old
School-Hip Hop-Attitüde. Dennoch beteuert Tweet:
"Ich bin eine Soulsängerin. Beim letzten Album haben wir das
zu wenig beachtet. Jetzt holen wir den Soul zurück." Vor allem
die Chorsätze, die sie allesamt selbst einsingt, sind besonders gelungenes
Merkmal von Tweets
Sound. Zu hören auf "Iceberg", das dank spanischem Intro,
schleppendem Beat und origineller Gitarrenbegleitung zu den auffälligeren
Stücken gehört. Ebenso "Turn Da Lights Off", das mit
Missy-Raps, Vinyl-Knistern, augenzwinkernder Hookline und Oldstyle-Samples
(die an Lina erinnern) punktet. Der Downbeat-R'n'B "Could It Be"
(feat. Rell) versprüht einen angenehmen Krimi-Flair. "You"
gräbt tief in der Sample-Kiste und fördert originelle Trompeten-Samples
zu Tage, die zusammen mit dem Toy-Piano für ein nostalgisches Playback
sorgen. Hi-Fi Vinylknistern und der HipHop-Groove transportieren den Missy-Song
in die Neuzeit. Echte Querflöten rahmen die Ballade "Cab Ride"
in ein Live-Gewand. "Things I Don't Mean" pumpt auf funky House-Grundlage
durch die Boxen. "My Man" shuffelt im 6/8-Beat vor sich hin.
"Sports, Sex & Food" zehrt vom altbewährten Clave-Groove.
Danach plätschert das Album mit Balladen ("Small Change",
"I'm Done") und weiteren R'n'B-Variationen langsam aus. "Ich
bin sowohl als Frau, als auch als Sängerin gewachsen" und "die
Welt ist hungrig nach echter Musik" formuliert Tweet
im Rahmen der Promo-Aktivitäten den Stand ihrer Dinge. Auf "It's
Me Again" zeigt sie sich als musikalisch gereifte Künstlerin,
die es versteht, mit den genretypischen Klischees zu spielen, ohne sich
in ihnen zu verlieren.
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PUNK
Millencolin:
Kingwood
Da hatte man aufgehorcht, als Millencolin
mit ihrem vorletzten Album "Pennybridge Pioneers" auf einmal
erwachsenere Töne anschlugen. Und erst recht, als sie auf "Home
From Home" den Rock in Punkrock neu entdeckten. Man fragt sich, ob
man das wirklich will. Millencolin,
eine der Spass-Punkbands der eigenen Jugend, erwachsen werden sehen. Andererseits
wird jeder älter, und ein wenig Reife schadet auch in der lebensbegleitenden
Musik nicht. In der Tat setzt sich der Weg, den der Vierer aus Örebro,
Schweden, eingeschlagen hat, auf "Kingwood" fort. Doch finden
sie hier eine sehr gut hörbare Mischung aus Rock und Punkrock, die
keineswegs die Prädikate "erwachsen" und "langweilig"
gleich setzt. Das Album beginnt mit der feist punkenden Uptempo-Nummer
"Farewell My Hell" in Millencolin-typischer
Manier. Dass sie noch lange nicht gewillt sind, dem Punkrock "Gute
Nacht" zu sagen, zeigt auch das leicht quatschige "Biftek Supernova"
oder das eingängige "Ray".
Das Album präsentiert eine gut eingespielte Band. Das Instrumenten-Gefüge
ist tight, die Drums lehnen die Songs nach vorne wie der Sand von Pisa
den Turm und Front-Charismat Nikola Sarcevic schmeichelt mit seiner angerauhten
Stimme. Der Sänger, der sich übrigens in der Zwischenzeit auch
solo austoben durfte, schlägt bei "Cash Or Clash" sogar
sozialpolitische Töne an. Doch kehrt er auch seine persönliche
Seite nach wie vor gern nach Aussen. "Shut You Out" und "Novo"
rocken dabei ziemlich straight und schnörkellos. Manchmal scheint
es fast, als hätten Millencolin
in den letzten Jahren ein wenig zuviel Schwedenrock gehört. "My
Name Is Golden" erinnert stark an die stets stilbewussten Kollegen
von den Hives.
Mit "Simple Twist Of Hate" zeigen sie dann nochmal, wo sie herkommen.
Diese Pogo-Keule hätte man von den Jungs fast gar nicht mehr erwartet.
Fazit: so ganz kann man seine Vergangenheit doch nicht hinter sich lassen.
Das ist sicher gut so, aber die erwachsenen Millencolin
machen auch einen guten Eindruck, wenn sie den einzelnen Stücke ein
wenig mehr Zeit geben, um sich zu entwickeln. Die im schicken Digipack
kommende Scheibe schliesst mit einer knapp vierzigminütigen Doku
über die Entstehung des Albums, die leider nur mit einer kleinen
Digi-Cam aufgenommen wurde. Entsprechend miserabel ist die Qualität,
aber wer Sarcevic die Beatles
interpretieren sehen will oder den Jungs beim Golfen zuschauen möchte,
ist hier richtig.
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HIP HOP/RAP / DANCE
M.I.A.:
Arular
Dieser Sound ist neu. Dieser Sound ist fresh. Und dieser Sound rockt wie
Sau. M.I.A. versucht sich auf "Arular" an einer zuvor nicht
gehörten Melange aus Hip Hop, Dancehall, Electro, Grime, sowie traditionellen
Tönen aus Sri Lanka. Die dort geborene Künstlerin straft all
diejenigen Lügen, die sich eine Verschmelzung des Vorangesagten nicht
vorstellen können. M.I.A.s Stimme rotzt dazu dreckig, aber anmutig
über die Beats und schreit dabei stets nach einem Vergleich mit Nelly
Furtado. Allerdings wirkt M.I.A.
eher wie eine aufmüpfige Zwillingsschwester der Kanadierin, die ihre
Jugend nicht in den Dorfdiscos Kanadas verbracht hat, sondern in ruppigen
Elektro-Schuppen im Londoner East End. Vor einer gewissen Nähe zum
gerade gross angesagten Genre Grime ist die Künstlerin natürlich
auch nicht gefeit. Dennoch flowt M.I.A.
auf ihre ganz eigene Weise. Sie setzt sich über die Brachialität
dieser Beats hinweg und hält die Elektrobestien stets im Zaum. Ihren
Rap-Vorlieben kommt man in diesem Style-Potpourri relativ schnell auf
die Schliche. Zwischen den Zeilen ist die Verehrung einer Missy Elliot
und eines Timbaland zu erkennen. Deren Sound ist zwar eingängiger
und vielmehr einem Genre zuzuordnen, doch M.I.A.
geht in ihrem Mut das eine oder andere Mal deutlich weiter, als es Missy
und Timbo jemals wagten.
Dabei zeichnet M.I.A.
vor allem ihre Unberechenbarkeit aus, sie entwirft ein Bild davon, wie
vielseitig elektronische Töne klingen können. Dieser Fakt ist
deswegen so herauszuheben, weil Alben dieser Art normalerweise die Einseitigkeit
von Synthesizern meist nur unterstreichen. Hier klingt jeder Rums anders,
und jeder Elektroklatscher hat seine Eigenart. Dass diese Töne auch
noch politische Aussagen enthalten, macht das Album von Maya Arulpragasam,
deren Vater der Gründer einer militanten Tamilengruppe auf Sri Lanka
war, nur noch empfehlenswerter.
Gerüchten zufolge treibt sich M.I.A.
derzeit in New York herum und hängt im Studio mit den Diplomats ab.
Sogar der Meister selbst hat die junge Engländerin bereits gesichtet.
Was da auf uns zukommt, ist beim besten Willen nicht zu erahnen. Bleiben
wir gespannt und lassen uns bis dahin von "Arular" unsere Gehörgänge
stimulieren.
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POP/ROCK
Mylo:
Destroy Rock & Roll
Seit "Drop The Pressure" ist der schottische Produzent Myles
MacInnes ein Superstar in der House- und Technoszene. Wer hat sich nicht
selbst gerne vom sympathischen Charme des Stücks zu immer neuen Ausdruckstänzen
verführen lassen? Da ist es eine um so grössere Freude, dass
mit "Destroy Rock & Roll" nun das erste Album von Mylo
in die Läden kommt. Mit flächiger Typographie und farbenfrohem
Popart-Design erfüllt der Mylo
Erstling alle Kriterien eines Hinguckers.
Doch ignorieren wir die Reize der Verpackung für einen Moment und
wenden unsere Aufmerksamkeit dem Inhalt von "Destroy Rock & Roll"
zu. Mit "Valley Of The Dolls" und "Sunworshipper"
eröffnen zwei sanfte Sofaschmeichler. Ein musikalische Verbeugung
vor Air, wenn man so will. Beim spacigen Electro-Schnurrer "Muscle
Car" ist dann klar, warum die schreibenden Kollegen auf der Insel
Mylo als die
"schottische Antwort auf Röyksopp"
feiern.
Danach giesst Mylo
mit seiner Hitsingle "Drop The Pressure", die zu den grossen
Tracks des letzten Jahres zählt, mehr Öl ins Feuer. Mit "In
My Arms" spielt er im Anschluss einen weiteren Trumpf aus. Fein durchwebt
Mylo seine
warm groovenden Beats zunächst mit catchy Samples, um sie anschliessend
mit dem Humor eines Akufen zu verstückeln. In einem Interview gesteht
MacInnes denn auch, dass Spass und Musik bei ihm eng verbunden sind. Und
so darf bei "Guilty Of Love" der altehrwürdige Prince
für einen Moment wie ein Geist aus Mylos
mit Samples prallgefüllter Flasche entweichen. Ernsthafter geht es
zu, wenn der Titeltrack "Destroy Rock & Roll" mit satten
Bässen auf den Plan tritt und alle gestandenen Electro-Rocker zu
ekstatischem Nackensport annimiert. Ein überaus lockerer Flow - oder
um mit Ex-Popstar Daniel
Küblböck zu sprechen - "Positive Energien"
zeichnen "Destroy Rock & Roll" vom ersten bis zum letzten
Track aus. Mylo
legt die Freude beim Komponieren in seine Tracks, die bei all ihren Unterschieden
doch durch ein gemeinsames Band verknüpft sind. Mit "Destroy
Rock & Roll" auf der Habenseite ist Myles MacInnes mit Sicherheit
ein ernstzunehmender Kandidat, wenn es am Ende des Jahres darum geht,
die besten Akteure auf dem internationalen Tanzparkett zu bestimmen.
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SOUNDTRACK / DANCE
Soundtrack:
Captain Future: Re-Animated
Das Alter verschont niemanden. Auch einem gestandenen Weltraumheld wie
Captain
Future setzt der Zahn der Zeit zu, schliesslich flimmerte er vor
rund zwanzig Jahren zum ersten Mal im Nachmittagsprogramm über die
Mattscheibe. Während Captain
Futures muskulöser Körper die Jahre unbeschadet überdauerte,
muss sich der von Christian Bruhn komponierte Soundtrack auf "Re-Animated"
nun einer Frischzellenkur unterziehen. Nachdem in der Vergangenheit bereits
der Original-Soundtrack seine Wiedergeburt auf CD feiern durfte, ist es
nun an einer neuen Generation von Musikern, den Captain mit ihren Tunes
durch das Weltall zu tragen. Und ganz nebenbei längst verschüttete
Kindheitserinnerungen wieder zum Leben zu erwecken. Diese standen bei
vielen, aber längst nicht allen, Musikern im Vordergrund, als es
darum ging, an einem Captain
Future Remix-Projekt mitzuwirken. Christian Bruhn selbst stellte
die Master-Bänder zur Verfügung, an denen sich die Produzenten
dann austoben konnten. Dies taten sie auch ganz ungezwungen, so dass auf
"Captain
Future Re-Animated"
eine stilistische Breite vorzufinden ist, die vorsichtig anschleichende
Lounge-Tunes ("Joan") neben fröhliche Electro-Pop-Tracks
("Lass Uns Fliegen") stellt. Zwischendurch zeigen Air Liquide
mit ihrem "Captain
Future"-Remix, dass sie sich bestens auf groovende Beats
verstehen. Ganz am Ende hält "Captain
Future Re-Animated"
einen Leckerbissen für alt gediente Future-Fans bereit. Christian
Bruhn hat in seinem Archiv gestöbert und mit "Zirkusmusik"
ein für die Fernsehserie komponiertes, aber niemals veröffentlichtes
Stück ausgegraben. Warum er es sich nicht nehmen liess, selbst einen
Remix der Captain
Future-Titelmelodie anzufertigen, die passenderweise auch noch
den trashigen Titel "Captain
Future 2000" trägt, gehört wohl zu den Geheimnissen
des Albums. Im billigsten Dancefloor-Sound schickt Bruhn seinen Captain
in das neue Jahrtausend und tut sich damit keinen Gefallen. Während
der 'alte' Captain mit seinem Synthie-Untersatz zeitlos durchs All gleitet,
surft der 'neue' Raumschiffkommandant im Abgasstrahl von DJ
Ötzi durch die Weiten des Universums. Zum Glück haben
die Künstler davor gezeigt, dass Captain
Future besseres verdient hat.
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MUSIK DVD
Michael
Buble: Come Fly With Me
Ein überdurchschnittlich gutes Intro (mehr wird nicht verraten),
das fliessend in den Opener "Come Fly With Me" übergleitet,
leitet die DVD ein. Doch auch nach diesem originellen Auftakt begnügt
sich der Schnitt nicht damit, einfach eine Liveaufnahme zu präsentieren.
Dieser erste Song ist aus verschiedenen Konzerten zusammengesetzt, die
alle rhythmisch ineinander übergehen. Als besonderer Glanzpunkt sind
gar A-Capella-Versionen aus dem Auto und dem Backstagebereich in den Verlauf
eingebettet. Sehr schön gemacht! Das Hauptkapitel ist durchtränkt
von Anekdoten, Toureindrücken, Interview- und Gesprächsfragmenten
aus Hotel, Proberaum und Tourbus. "Talking About Girls" heisst
eine dieser unterhaltsamen Eskapaden. Diese Eindrücke und die Bonus-Sessions
im Unplugged-Format verleihen "Come Fly With Me" echten Unterhaltungs-
und Mehrwert.
Musikalisch hat sich Michael
Bublé mit Haut und Haar dem puren, echten Big Band-Swing
verschrieben. In wenigen Fällen ("Sway", "The Way
You Look Tonight") reichert er ihn mit brasilianischen Rhythmen an,
um erfolgreich den lasziven Latin Lover zu markieren. In zehn von zwölf
Fällen bleibt der Swing-Schuster jedoch bei seinen traditionsreichen
Leisten. Oft versucht er erst gar nicht, den Great American Songbook-Klassikern
neue Facetten abzugewinnen, und gerade darin liegt der Charme. Den Songs
tut es einfach gut, den Swing zurück zu bekommen. Damit haucht Bublé
ihnen das Leben ein, das ihnen im Kontext unzähliger Bearbeitungen
allzu oft ausgetrieben wurde. Die Prinzip erhobene schnelle Bildfolge
von Regisseur Peter Kagan garantiert vielfältige Eindrücke aus
dem Leben Bublés. Die unglaublich vielen Einstellungen malen ein
farbenfrohes Porträt des Entertainers. Unter Verwendung abwechslungsreicher
Bildbearbeitungs-Tricks gelingt ein erstaunlich homogenes Konglomerat.
Vor allem die Schwarz/Weiss-Passagen versprühen nostalgischen Charme
- nicht ungewollt eine Anbindung an die Zeit der grossen Swing-Entertainer.
Immerhin trug Jazzmusik einst 70% zum Gesamtumsatz der Musikindustrie
bei.
Michael
Bublé spielt so gekonnt mit Klischees, dass seine musikalischen
Zitate und Anspielungen fast als Parodie erscheinen. Augenzwinkernd bewegt
er sich im klassisch-bewährten Big Band-Rahmen, ohne übertriebene
Experimente zu wagen. Er hat nie etwas anderes gesungen und gilt als Überzeugungstäter,
der sich nicht zu weit aus dem Fester lehnt. Das ist auch nicht nötig!
Die Band besitzt ein absolut zeitgemässes Klangbild und bläst
sich in den ideenreichen Arrangements die Seele aus dem Leib. Unverfälschte
Leidenschaft ist die Basis des Erfolgs. Das Verblüffendste ist jedoch,
dass dieser Swing trotz seiner konventionellen Ausrichtung ungeheuren
Spass macht. Die ehrliche Begeisterung für die Musik unserer (Ur-)
Urgrossväter ist bei allen Bandmitgliedern spürbar. Auch die
Zusammenstellung des Bildmaterials, der Schnitt, die Szenenauswahl: alles
ist von liebevoller Hand geführt. Insgesamt eine Ehre für den
Swing, ein rauschendes Fest der Triolen und ein gelungenes Porträt
des potenten Swingers Michael
Bublé. Doch damit nicht genug, denn "Come Fly With
Me" präsentiert sich als DVD/CD-Box-Set. Die beigelegte CD enthält
acht Titel, darunter drei Live-Aufnahmen und zwei exklusive Studiotracks,
die bisher auf keinem Album zu finden sind.
Jetzt
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BUCH TIPP
31
Songs.: (Originaltitel: Thirty-One Songs)
»Ich schreibe Bücher, weil ich keine Popsongs schreiben kann.«
- Nick Hornby
Was macht einen guten
Song aus und warum kann man sich an manchen Liedern nicht satt hören?
Nick Hornby
verrät dem Leser, welche Songs eine wichtige Rolle in seinem Leben
spielen - und erzählt dabei vor allem von sich selbst. Wie »Thunder
Road« von Bruce
Springsteen die Antwort auf alle Absageschreiben wurde, die er
jemals erhalten hat, dass »Caravan« von Van
Morrison trotz eines winzigen Einwands auf seiner Beerdigung gespielt
werden soll, warum es nicht uncool ist, einen Song von Rod
Stewart zu mögen, wie Musik eine Romanfigur beeinflussen
kann, ob Freunde noch Freunde sind, wenn sie einen anderen Musikgeschmack
haben, was Popmusik mit Fussball vereint, was passiert, wenn ein vermeintlicher
Geheimtipp plötzlich als Hintergrundmusik im Supermarkt gespielt
wird, warum kleine unabhängige Plattenläden allen Ketten dieser
Welt vorzuziehen sind - mit viel Selbstironie, einer wunderbar subjektiven
Haltung und seinem unvergleichlichen Stil beschreibt Nick
Hornby, was ihm wichtig ist - im Song und im Leben. Ein Buch für
alle Leser, die Musik mögen - oder Nick
Hornby.
Jetzt
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Text-Quellen:
Diverse |
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04.05.2005 20:40:52 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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