News Detail: CD: Top Tipps |
HIP HOP/RAP
50
Cent: The Massacre
Alle haben sich geirrt. 50
Cent will nicht der nächste 2Pac
sein, das nächste Idol. Sein Vorbild ist vielmehr Rap-Mogul Shawn
"Jay-Z"
Carter. "Jada don't fuck wit me if u wanna eat, cause I'll do ya
little ass like Jay-Z
did Mobb Deep",
teilt der G-Unit-Boss
im Diss-Track "Piggy Bank" gegen Label-Kollege Jadakiss
aus. Frei nach dem Prinzip: Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf. Man
kennt das. Uli Hoeness-Style in Perfektion. Jay-Z
lässt eben grüssen. In jenem Track spuckt Fifty auch noch
gegen Shyne und Fat
Joe, in dem er ihnen fehlende Millionenverkäufe und daraus
resultierend fehlende Relevanz vorhält. "Ihr verkauft nichts,
ihr seid nichts". Doch ohne künstlerische Leistung nützt
keine Geld-Angeberei und bei "The Massacre" geht 50
Cent trotz top-produzierter Beats und schmissiger Hooks zu berechnend
zu Werke. Alles klingt wie ein, zugegeben wohlschmeckender, Aufguss seines
G-Unit-Debüts
"Beg For Mercy". Die clubbige Lover-Single "Candy Shop"
ist die solistische Fortsetzung der "Groupie Love" und "In
My Hood" ist "I'm So Hood" Teil 2. Dazu stossen noch
die üblichen, superben Dr.
Dre-Stomper "Disco Inferno" und "Get Into My Car"
sowie die soulig-smoothen Momente, die bei Hi-Teks "Ryder Music"
am hellsten strahlen.
Wie sagte der Produzenten-Newcomer 9th Wonder noch: "Fifty know how
to pick beats". Ähnliche Qualitäten sagt man ja auch Jay-Z
nach. The Game,
Rap-Emporkömmling des Jahres und frischgebackener G-Unit-Vertriebener,
darf nur noch auf dem "Hate It Or Love It"-Remix rappen.
Auch in der Behandlung seiner Untergebenen nimmt sich 50
Cent Jay-Z
zum Vorbild, der ja damals The Roc-Mitglied Cam'ron demontierte, als dieser
sich zum gleichwerten Partner/Gegner entwickelte. Aber Hauptsache: "Clickity
clank, clickity clank. The money goes into my piggy bank." 50s neues
Album wird sich auf jeden Fall gut verkaufen. Ob er aber ein ganz grosser
Player wie Uli und Jigga, oder nur ein Aufschneider wie Borussia Flopmund
ist, wird erst die Zukunft zeigen.
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FRANÇAIS
/ COMPILATION/SAMPLER
Verschiedene:
Le Tour 2
Thomas Bohnet dreht auf. In jeder Hinsicht. Nachdem der Münchner
DJ bereits seine berühmt-berüchtigten "Tour de France"-Parties
erfolgreich nach Berlin exportierte, kamen mittlerweile Gastspiele in
Konstanz, Köln, Frankfurt und mit St. Johann, Baden und Zürich
(Liste unvollständig) auch Reisen nach Österreich und in die
Schweiz hinzu. Freunde französischer Töne, die im angrenzenden
Ausland leben, seine Parties aber dennoch verpasst haben, dürfen
"Le Tour
2" nun bequem per Klick auf obigen Link "Preisvergleich"
ordern und ihr schlechtes Gewissen besänftigen. Dies ist eine Empfehlung.
Denn in Zeiten, in denen jedes zweite Label eine wie auch immer geartete
Franzosen-Werkschau veröffentlicht, steckt Connaisseur Bohnet knietief
in der Szene und hat wahrscheinlich schon "Le
Tour 3" im Kopf. Auf vorliegende Fortsetzung seiner "Sampler-Reihe
passt jedenfalls erneut das im letzten Jahr sogar von der Süddeutschen
Zeitung erteilte Lob, es würde "kenntnisreich und liebevoll"
kompiliert. Heisst: Wir begegnen haufenweise Ohrwürmern diverser
Genres, wie sie im französischen Radio dank nationaler Quote tatsächlich
laufen könnten.
Wieder dabei ist beispielsweise das Trio Mickey 3D, das frei von Scheu
vor Stilüberschreitungen in der Fussballer-Hommage "Johnny Rep"
Gitarren, Akkordeon, Drumcomputer und Sprechgesang zusammen bringt, um
am Ende im Stile eines Stadionkommentators gar ein wenig an Jacques Dutronc
zu erinnern. Ebenso gelungen ist die vielsagende Nummer "Sex, Accordéon
et Alcool" der Chanson-Rocker Java, eine Art musikalische Fortsetzung
von Molotovs alter Groovenummer "Gimme Tha Power". Die vier
Köpfe hinter Phonoboy stammen dagegen nicht aus Frankreich, sondern
aus München, was aber schon beim Szene-Hit "C'est Ma Vie"
auf dem "French Cuts 2"-Sampler niemand bemerkt hat. Die Indie-Nummer
"Laisser Faire" lässt wieder Keyboards zu Handclaps jubeln,
und da macht man gerne mit. "Très chic, trashig" eben,
wie auch ihr Debütalbum heisst. Auch wenn Romeo
mit "Petite Conne" wohl den eingängigsten Beitrag liefert,
kommt der Smash-Hit des Albums für mich von den Prototypes, einem
jungen Quartett aus Paris: Auf "Médicalement" leiht sich
Sängerin Isabelle
le Dousalle ein bisschen Girl Power der B-52s,
von den Chicks On Speed gleich noch den Elektro-Wumms, und fertig ist
der Disco-Hit. Dass die US-Band Nada
Surf, die gerade Coralie
Cléments Interesse an Rockmusik wach küsste, den Indochine-Klassiker
"L'Aventurier" (1982) respektvoll covern würden, war natürlich
eh klar.
Natürlich dürfen auch französische Sommer-Vibes nicht fehlen:
Manu Chao-Fans
sollten Tryo
antesten, Reggae/Ska-Freunde fühlen sich bei Kana
und K2R Riddim
wohl, und mit den Rai-Poppern Sawt
Et Atlas wird's dann richtig orientalisch. Insgesamt 17 Songs,
verpackt im schicken Digipack sowie ausführlichem Booklet, die die
ein oder andere Perle bereit halten.
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POP/ROCK / DANCE
Jennifer
Lopez: Rebirth
Normalerweise würde diese Review mit dem Satz: "Die Latin-Queen
of Pop ist zurück" beginnen. Aber war sie wirklich weg? Sie
hatte sich ja offiziell eine Pause von der Musik genommen, um sich auf
... auf was eigentlich zu konzentrieren? Filmkarriere? Privatleben? Doch
dann wurde "Jenny From The Block" zum Dauerbrenner und das Hollywood-Traumpaar
Lopez- Ben
Affleck verschwand nicht aus den Klatschspalten. Bennifer war
das Paar der feuchten Träume aller Paparazzi und ihre Trennung, in
Hollywood so sicher wie das Amen in der Kirche, kam für alle recht
überraschend. Im Dezember verkündete sie dann bei grossem
Presserummel in Berlin, sie habe sich komplett neu erfunden und werde
deshalb das neue Album "Rebirth" nennen. Die versammelte Presse
schnalzte mit der Zunge, als sie erklärte, Latin Wave wäre jetzt
vorbei, und insgeheim erwartete mancher schon Kollaborationen der runderneuerten
J.Lo mit Jimmy
Page (Led
Zeppelin), Slayer
oder Rancid.
Aber nein, neu erfunden heisst bei La Lopez nicht neu erfunden, sondern
nur: "Ich habe hier einen anderen Beat genommen, und da ein bisschen
Saxofon." Die versammelte Presse seufzte und nahm brav hin, was es
da "Neues" zu hören gab. Die Tatsache, dass sich Jennifer
Lopez für "Rebirth" von alten Soul- und Motown-Platten
hat inspirieren lassen, betont sie zwar gerne, nur leider lässt sich
das kaum hören. Bei der Vorabsingle, gleichzeitig auch der erste
Albumtrack, kann man nicht mal heraus hören, ob das Sax live eingespielt
wurde, oder ein Sample in der Schleife läuft. Ohne Zweifel ist die
Produktion fett und der Pop-Appeal enorm, aber eine Wiedergeburt hören
wir hier nicht. "Get Right", ob in der Single-Version oder der
Variante mit Rapper Fabulous
am Ende der Scheibe, ist einer der besseren Tracks auf "Rebirth".
"Step Into My World", die Ballade mit Beat geht auch grade noch
so durch, danach aber alles immer schneller bergab. Das Duett mit Pop-Rapper
Fat Joe
(auf den Ziehvater Big
Pun sicher nicht stolz wäre, hörte er dieses hier) langweilt
kollektiv Hip Hopper und Pop-Fan, und der Beat bounct ungefähr so
viel wie eine Bowlingkugel. Mit dem funkenden Rhythmus von "Whatever
You Wanna Do" hat die Lopez nur am Anfang so ihre Probleme, aber
der Sound klingt hölzern und würde Bootsy
Collins wohl die Schamesröte ins Gesicht treiben. Etwas über
den niedrig angesetzten Durchschnitt erhebt sich ein letztes Mal "Cherry
Pie", das popmässig direkt an die goldenen Eighties anschliesst
und dadurch fast ein wenig aus der Zuckerwattepop-Beliebigkeit heraussticht.
Über den Rest der mehr oder minder Niveau befreiten Nummern verliert
man besser keine weiteren Worte (man höre sich nur die billigen Synthie-Bläser
auf "Still Around" an), lediglich die Kollabo mit Timbaland
sei noch erwähnt, doch auch von ihm hat man schon Innovativeres vernommen.
Das slow-jammende "He'll Be Back" reicht bei weitem nicht an
ein "Cry Me A River" heran. Wie es sich gehört, kommt der
Höhepunkt auch auf "Rebirth" zum Schluss. Eine schrecklich
überladene Pop-Ballade, an der Jennifers neue Flamme, Latin-Schleimer
Marc Anthony,
mitgeschrieben hat. Pop-Guru Cory Rooney hat ganze Arbeit geleistet.
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DEATH-/TRASH METAL
Soilwork:
Stabbing The Drama
Steckt der Wurm drin in der schwedischen Metal-Szene? Während sich
der eine Teil ihrer einst so innovativen Bands irgendwie orientierungslos
durch seine Songs experimentiert (allen voran In
Flames), hält sich der andere Teil (Dark
Tranquillity und eben Soilwork)
an etablierte Rezepte. Das Revolutionäre scheint irgendwie flöten
gegangen zu sein. Was den Sound angeht, haben sich die Schweden eine Diät
verordnet und klingen deutlich rauer als auf "Figure Number Five".
Anstatt mit mächtigen und flächendeckenden Keyboards zu arbeiten,
sind die Gitarren das tonangebende Instrument. Daran werden sich aber
vermutlich nur die Wenigsten stören. Ganz im Gegenteil dürften
viele die zurück gekehrte Härte begrüssen, da das
letzte Werk etwas zu glatt klang. Diese Problem wird man mit "Stabbing
The Drama" ziemlich sicher nicht haben, denn die Gitarren dürfen
angenehm heftig braten und hämmern sich im Stakkato durch den Grossteil
der Songs.
Für den richtigen Schuss Melodie sorgt Fronter Björn "Speed"
Strid. Mit dem Kerl haben Soilwork
einfach einen begnadeten Sänger in ihren Reihen, der so gut wie jeden
Chorus zu einem Earcatcher macht. Während er auf der einen Seite
eine herrlich brachiale Stimme für die aggressiveren Sachen parat
hat, scheint seine klare Gesangsstimme noch sicherer geworden zu sein.
Und doch scheinen auch ihm etwas die Ideen ausgegangen zu sein. Vor allem
was die cleanen Gesangslinien angeht, klingen manche Sachen (beispielsweise
der Chorus von "Weapon Of Vanity" und "Distance")
älterem Material doch sehr ähnlich. Wie gesagt, was das Innovative
angeht, ist die Luft etwas raus.
Dafür halten sie sich in punkto Härte jedoch nicht mehr zurück.
Riffen die Klampfen eigentlich bei allen Songs ganz ordentlich, so stehen
"Stalemate" und das "Blind Eye Halo" auf der Härteskala
ganz weit oben. Zwar sind auch kommerziellere Sachen der Marke "Nerve"
oder das abschliessende "If Possible" vertreten, aber die
Mischung macht's eben. Vielleicht sollte man sich nicht so viele Gedanken
über fehlende Weiterentwicklung machen und einfach schon dankbar
sein, dass die Songs soweit ganz gut aus dem Gebälk krachen. Aber
irgendwie sind die Erwartungshaltungen an diese Bands eben doch ein Stück
grösser, als an irgendwelche Newcomer.
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TRIPHOP / TECHNO
Thievery
Corporation: Cosmic Game
Die Thievery
Corporation bleibt auch beim vierten Album seinem Lieblingsgebräu
zwischen Dub und Downbeat treu. Eric Hilton und Rob Garza drehen aber
an der Feinjustierung und strecken ihre Fühler mit den Flaming
Lips ("Marching The Hate Machines (Into The Sun"), David
Byrne ("The Heart's A Lonely Hunter") und auch Perry
Farrell dezent in Richtung Rock aus. Gleichwohl fliessen die Neuerungen
nur sehr dosiert ein. Die Vocals der oben genannten Herren kommen natürlich
mit reichlich Delay aus den Boxen. Dominant bleibt auch die Vorliebe für
Perkussion sowie indisch-karibische Sounds. Der grösste musikalische
Bonus des Duos aus Washington bleibt allerdings die Rhythmusgruppe: körnige
Beats und ein oft analog groovendes Bassgerüst. Eine Live-Einspielung
kann eben Wunder wirken: trotz digitaler Bearbeitung klingen die Tracks
runder und organischer als sie es mit programmierten Beats vermögen.
Thievery
Corporation lassen dazu unaufgeregt die Elektronik pluckern, filtern
schon mal und breiten ambient harmonische Synthieflächen aus. Und
so präsentiert sich "The Cosmic Game" bei gewohnt hohem
Space-Faktor wohltuend geerdet.
"Warning Shots" dreht nach dem Opener an der Temposchraube.
Dazu brummen dubbig tief die Synthies, wechseln sich funky Beats ab, tragen
weiche Flächen und toasten zwei Dancehaller. Ein weiterer Höhepunkt
die Kollabo mit Farrell. "Revolution Solution" integriert schlüssig
den obligatorischen indischen Touch, den auch "Shiva" oder "Wire
And Watchtowers" versprühen.
"Amerimacka" überrascht als eingängige Dub-Komposition
inklusive Bläsersatz. Mit Songcharakter punktet auch das südamerikanisch
groovende "Sol Tapado". "The Cosmic Game" gewährleistet
mit zahlreichen Gastsängern einen abwechslungsreich warmen Trip.
Zumal man sich angesichts der liebevoll konstruierten Sound-Arrangements
nicht so schnell satt hört. Allerdings wäre die ein oder andere
Sitar-Schleife weniger ein Gewinn gewesen. Trotzdem, sicher eines der
besten Alben der beiden Amerikaner.
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POP/ROCK
Stereo
Total: Do The Bambi
Die Texte von Stereo
Total sind sicher nicht jedermanns Sache. Ist das jetzt Geschmacksverirrung
oder einfach nur frech-naiv? Aus der Kontroverse heraus entsteht schliesslich
nicht selten erst das öffentliche Interesse. Aber gilt das wirklich
immer? "Mir tut alles weh/ Ich habe TBC im Herzen/ Kinderlähmung
im Kopf/ Mein Gewicht beträgt 25 Kilo/ Ich möchte, dass er zurückkommt"
("Helft mir") Noch einen Schritt weiter und Sängerin Francoise
Cactus fällt von der schmalen Serpentine namens "unschuldig-geradeheraus"
in die tiefe Schlucht des Geschmacklosen. Knappe Sache. Einen ähnlichen
Eindruck hinterlässt auch der Song "Babystrich". Die Verarbeitung
des Themas Christiane
F. und Kinderprostitution am Bahnhof
Zoo mit einem Bee Gees-Gedächtnis-Falsett wirkt dem Ernst
des Themas nicht angemessen. Rein musikalisch betrachtet bescheren uns
Stereo Total
ihre eigene, inzwischen bekannte Version von tanzbarem Synthiepop samt
"Do-It-Yourself"-Flair. Alles in allem ganz nett. Markenzeichen
bleibt die niedliche und charmante Stimme von Sängerin Francoise.
Textlich ist Minimalismus Trumpf und so schafft es die Chanteuse auch
spielend, den kompletten Songtext von "Cinémania" mit
Namen berühmter Schauspieler und Regisseure zu bestreiten. Ob das
nun grosse Kunst oder noch grössere dichterische Faulheit
ist - jedenfalls bezaubert ihre Stimme auch hier. Bezüge zum Thema
"Film" gibt es auf "Do The Bambi" auch sonst reichlich.
Neben bereits erwähntem Christiane
F.-Bezug bei "Babystrich", nimmt sich "Orange Méchanique"
Stanley
Kubricks "Clockwork
Orange" an. Hinter dem unschuldigen, neonblauen Gesicht des
Rehkitzes auf dem Cover verbirgt sich ein schillernder Absturz-Cocktail
aus Drogen, Party, Gewalt, Sex, Naivität und Berechnung. Nicht schlecht
gemacht, jedoch gerät die Masche, Elektropop mit wirren Texten samt
französischem Akzent zu verbinden, irgendwann auch langweilig.
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POP/ROCK
Amos
Lee: Amos Lee
Amos Lees
Stimme befördert den Zuhörer bereits nach den ersten Takten
in einen Zustand vollkommener Entspannung. Hoch, aber nicht überzogen,
ruhig, aber nicht lasch, vibrierend, aber nicht künstlich, lässt
sie sich von einzelnen Klaviernoten, einer Akustikgitarre und einer leisen
Rhythmusgruppe einfühlsam begleiten. Kein Zweifel: Hier ist etwas
Besonderes zustande gekommen. Wobei der Name des Labels, Blue Note, eher
auf die falsche Spur führt: Es handelt sich hier weniger um Jazz,
als vielmehr um eine Mischung aus dem Folk Neil
Youngs und dem Soul Stevie
Wonders. Das Ergebnis erinnert entfernt an Tracy
Chapmans langsame Stücke.
Lee ist ein Wunderknabe, der bereits vor der Veröffentlichung des
vorliegenden Debüts im Vorprogramm von Bob
Dylan, B.B.
King und Norah
Jones gespielt hat. Eine Vergangenheit, die Früchte trägt:
"Seen It All Before" folgt der Struktur von Bob
Dylans "Knocking On Heaven's Door", ohne zum Plagiat
zu verkommen, während das Wundermädchen Jones beim Opener und
in "Colors" in die Tasten des Klaviers greift. Schlagzeuger
James Gadson und Lee Alexander am Bass ergänzen die Liste bekannter
Szene-Namen. Auf leisen Sohlen führt Lee durch die elf Stücke
des Albums. Zu den verhältnismässig schnelleren "Give
It Up", "Bottom Of The Barrel" und "Lies Of A Friend"
gesellen sich wunderbare Balladen wie "Arms Of A Woman", "Colors"
und der Blues "Dreamin'". "Soul Suckers" stellt mit
einer dezenten Streicheruntermalung den Höhepunkt dar.
Mit knapp 36 Minuten ist das Album etwas kurz geraten, zumal viele der
Lieder bereits auf Lees selbst produzierten EPs erschienen sind. Das bleibt
aber auch der einzige Kritikpunkt. Ansonsten ist "Amos
Lee" eine wunderbare Scheibe, die immer wieder im CD-Player
liegt, ohne Langeweile zu erzeugen.
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JAZZ / FUNK
Meshell
Ndegeocello: Dance Of The Infidels
Meshell
Ndegeocello widersetzt sich genussvoll allen Erwartungen, die
an kommerziell erfolgreiche Musikprojekte gestellt werden. Die Rolle der
Verweigererin lebte sie bisher in ihrem angestammten Genre Urban Funk
aus, den sie mit Zutaten aus Soul, Reggae, Hip Hop, Jazz, Blues und Folk
zu nonkonformistischen Leben erweckte. Mit "Dance Of The Infidel"
verlässt sie diese Bühne und begibt sich eindeutig auf die Bretter,
die den Jazz bedeuten. Gemeinsam mit namhaften Hochkarätern der improvisierten
Musik (Jack
DeJohnette, Kenny
Garrett, Roy
Hargrove, Mino
Cinelu, Don
Byron u.a.) zelebriert sie einen abwechslungsreichen und spannenden
Ausflug in den Kosmos des modernen Jazz. Freilich nicht, ohne ihre grossstädtischen
Groove-Vorstellungen zum Ausgangspunkt ihrer Reise zu machen. "The
Believer" deutet mit freakigem Thema, eigensinnigem Mix und kurzem
Soloausflug nur an, was einen in der folgenden Stunde erwartet. "Al
Falaq 13" offenbart mit voller Wucht die Intensität der improvisierten
Musik. Auf einem soliden Bassmotiv entfaltet sich zunächst das eigentlich
nebensächliche Thema. Denn seine Kraft bezieht "Al Falaq 13"
aus den (Kollektiv-)Improvisationen und den annähernd zwölf
Minuten Spielzeit, die genügend Raum für solistisch-ekstatische
Entfaltung lassen. Die von Stimmungswechseln durchwobene Atmosphäre
folgt dabei der Maxime, grösstmögliche künstlerische
Gestaltungsfreiheit zu garantieren und der musikalischen Ausdruckskraft
keine Grenzen aufzubürden. Angetrieben von Bass und Schlagzeug steigern
sich die Solisten in einen kollektiven Rausch. Das Fest aus Spannung und
Entspannung, Orgasmus und Zigarette danach, beinhaltet nicht nur drei
(!) musikalische Höhepunkte - "Al Falaq 13" stellt als
Gesamtkunstwerk den Höhepunkt des Albums dar.
Nach diesem Ausflug in ausdrucksstarke Höhen bietet das Drum'n'Bass-lastige
"Aquarium" die nötige Stimmung, um den in heftige Wallung
geratenen Hormonhaushalt wieder ins Lot zu pegeln. Das ambiente und balladeske
"Papillon" becirct anschliessend mit sanften Sounds, lieblicher
Melodie und einfallsreichem, reisefreudigem Solohandwerk. "The Chosen"
atmet eine dezente Hip Hop-Attitüde, der Cassandra
Wilson ihren sonnengegerbten Mississippi-Blues-Stempel aufdrückt.
"Dance Of The Infidel" trägt am deutlichsten die kompositorische
Handschrift Meshell
Ndegeocellos. Harmonisch, rhythmisch und atmosphärisch abwechslungsreich
gestaltet sie ihre Songverläufe, die sich allen herkömmlichen
Formaten verweigern. Swing-Bluesig führt "Heaven" die Hörer
zuletzt aus dem Album. Viel Raum für solistische Ausflüge, eine
hochkarätige Besetzung, der Mut zum Jazz, kompositorische und improvisatorische
Freiheit und schweisstreibende Soloverläufe kennzeichnen "Dance
Of The Infidel" als herausragendes und eigenwilliges Album einer
Querdenkerin. Der fortwährende wärmende Groove, angetrieben
und getragen von Meshells Bassspiel, ist es, der "Dance Of The Infidel"
im Jazz-Teich als Seerose erblühen lässt.
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INTERNATIONAL
Manu
Chao & Wozniak: Siberie M'etait Contee (CD + BUCH)
1961 in Paris als Sohn spanischer Eltern geboren, lernte Manu
Chao bereits früh, was es heisst zwischen den Kulturen
zu leben. Sein Vater, zunächst selbst als Musiker aktiv, war vor
dem faschistischen Franco-Regime geflohen und machte sich in seiner Heimat
bald als einer der wenigen Franco-kritischen Jounalisten einen Namen.
Manu Chao
selbst wurde zunächst als Leadsänger von Mano
Negra bekannt, einer innovativen, vor allem aber ungeheuer energetischen
französischen Combo. Mano
Negra, 1988 von Manu
Chao und seinem Bruder Antoine gegründet, hatten sich auf
vier Alben mit einer Art World Punk mit afro-karibischen, lateinamerikanischen
und mediterranen Rhythmen eine feste Fangemeinde erspielt. Mittlerweile
haben sich Mano
Negra aufgelöst und so begab sich der kreative Kopf der Band
zunächst auf eine längere Südamerikatour und sodann gleich
ins Studio, um die Reiseimpressionen auf Platte zu bannen. Dabei heraus
kam "Clandestino" (dt.: Flüchtling, Reisender ohne Pass),
eine ausgesprochen schöne und eingängige Melange aus Mano
Negra-Zitaten und spanisch-südamerikanischen Einflüssen,
die klassische Rockgitarre mit mexikanischen Marriachibläsern in
Einklang bringt und auch vor nahezu babylonischem Sprachgewirr nicht zurück
schreckt. Kein Wunder also, dass zunächst Spanier und Franzosen auf
den furiosen Latino-Dub aufmerksam werden. Von dort gelangt die Kunde
von Manu Chaos
Solodebut zunächst in die Schweiz, schwappt dann nach und nach über
die Grenze, um schliesslich, mit einem knappen Jahr Verspätung,
"Bongo Bong" auch noch in Deutschland zu einer Art Sommerhit
zu machen. 2001 erscheint sein zweites Album: Reggae-Einflüsse und
die südamerikanischen Stilrichtungen, dazu ein Schuss Nordafrika:
Einer der 17 neuen Titel ist auf Französisch, einer auf Portugiesisch,
einer auf Arabisch, zwei auf Englisch, neun auf Spanisch und einer auf
Portuñol, einer Mischsprache aus Spanisch und Portugiesisch, wie
sie von den Menschen, die in den Grenzgebieten leben, gesprochen wird.
"Genau meine Welt!" sagt Manu
Chao.
Deutsch scheint nun nicht zu seinen grossen Vorlieben zu gehören,
doch um "Proxima Estaciòn: Esperanza" zu promoten, ging
Manu Chao
im Sommer erstmals auf eine kleine Deutschland-Reise. Auf dem Southside-Festival
und bei anderen Gelegenheiten brachte er eine amtliche Show auf die Bühne.
Dabei sprühte seine locker zusammen gewürfelte Combo Radio Bemba
über vor Spielfreude und Einfallsreichtum, und auch die alten Mano
Negra (Rock-)fans kammen auf ihre Kosten.
Nach drei CDs verliess er sein Plattenlabel Virgin und so hat sich Manu
Chao mit Wozniak
zusammengetan und eine EP mit Buch veröffentlicht - erhältlich
nur am "Kiosk". Nun folgt die vollständige CD und das Buch.
Manu Chao
hat offenbar in seiner mutigen Entscheidung, den Plattenlabels den Rücken
zu kehren, eine Chance gesehen - dass er ein Faible für Grafik hat,
beweisen ja seine alten Booklets, die er mitgestaltet hat. Auf der CD
meldet sich Manu
Chao mit sehr viel Wortwitz zurück als Sohn Frankreichs und
der Welt. Multikulturell inspirierte Chansons - grösstenteils en
français - sind zu finden auf "Siberie m'etait contéee"
(sic!), so der orthografisch eigenwillige Titel. Musikalisch gibt sich
Manu Chao
konservativer als auch schon - sicherlich, es ist nach wie vor Manus eigenwillige
Mischung, die den Ton angibt, und letztlich waren Mano
Negra mit ihrem eklektischen Mix eher näher beim Zeitgeist
als Manu Chao
solo. Doch gerade in der Low-Fi-Retro-Ästhetik äusser sich Manus
Rebellentum - und seine Fans werden auch im Buch das eine oder andere
déjà-vu bzw. entendu erleben... Manu
Chao bleibt sich treu, auch ohne Plattenlabel. Vielleicht sogar
mehr denn je. Auch sprachlich mag "Siberie" einigen als Rückschritt
erscheinen, doch das Spiel mit der Sprache bleibt Manus Kerngeschäft,
egal, ob im eigens kreierten "Portuñol" oder auf Französisch.
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MUSIK DVD
Chic:
Live at the Budokan
Es ist so eine Sache mit Legenden, deren Zeit vorüber ist. Entweder
sie erfinden sich immer wieder neu, wie Madonna,
Miles Davis
und Sting
es tun und taten. Oder sie bleiben Sklaven ihres verblassten Ruhms. Michael
Jackson ist hier sicherlich das abschreckendste Beispiel. Sein
Los teilen viele Heroen der 70er
und 80er, die
mit ihrer Musik einst Geschichte schrieben. Da das Rad der Zeit aber nicht
still steht, und damit auch die musikalische Entwicklung unaufhörlich
voran schreitet, fällt die Musik der Helden von damals einem natürlichen
Alterungsprozess zum Opfer. Auch wenn bei dieser Annahme Ausnahmen die
Regel bestätigen, fällt die Musik von Chic
diesen evolutionären Geschehnissen gnadenlos anheim. Ihre grosse
Zeit war Ende der 70er,
Anfang der 80er
mit Megasellern wie "Le Freak" oder "Good Times",
dessen Basslinie sich Grandmaster Flash einst für "Rapper's
Delight" auslieh, um damit den Hip Hop zu erfinden. Disco-Funk heisst
die Genreschublade, die Chic
massgeblich mitgestalteten. Ihr Einfluss auf die Black-Music und
Popmusikhistorie ist dabei unbestritten. 1983 löste sich die Band
offiziell auf. Nile Rodgers und Bernard Edwards, die kreativen Köpfe
von Chic, sind
jedoch alles andere als Stillstandsknechte. Als Knöpfchendreher im
Hintergrund sind sie aus dem Musikgeschäft der letzten drei Jahrzehnte
nicht wegzudenken. Zuletzt griffen Joss
Stone und Maroon
5 auf die Dienste von Nile Rodgers zurück. Sein bassspielender
Kollege Edwards starb bereits 1996. Mit "Live At The Budokan"
veröffentlicht Rodgers nun das letzte Chic-Livezeugnis
seines langjährigen Weggefährten. Aufgenommen wurde das Tribute-Konzert
zwei Tage vor seinem Tod, am 16. April 1996 in Tokio/Japan. Als Gäste
gesellen sich die legendären Sister
Sledge und Slash
von Guns
N' Roses auf die Bühne. Nach der Chic-internen
Eröffnung mit "Do That Dance" entern bereits nach knapp
vier Minuten die drei Damen von Sister
Sledge die Bühne. Ihr "He's The Greatest Dancer"
geht noch in Ordnung. Die auf zehn unerträglich lange Minuten gedehnte
Version von "We Are Family" nicht mehr. Bei aller Liebe zur
Disco-Funk-Romantik, hier wird die Nostalgie-Willigkeit doch sehr in Anspruch
genommen. Immerhin erhebt sich das höfliche japanische Publikum dazu
aus seinen Sitzen, um trotzdem wie angewurzelt vor den ihnen zugewiesenen
Plätzen zu verharren. Man sollte Popmusikkonzerte einfach nicht bestuhlen.
Auch nicht in Japan. Allen Animierungsversuchen von Nile Rodgers zum Trotz
mag im Saal einfach keine wirkliche Tanzatmosphäre aufkommen. Schade
eigentlich bei einem Disco-Funk-Konzert, das genau darauf hin angelegt
ist. Daran ändern auch "Dance, Dance, Dance", "I Want
Your Love" und "Good Times" nichts, die Chic
wieder ohne Unterstützung performen. Mit einer Überraschung
wartet "Le Freak" auf, als zum Solo unvermittelt Slash
auf die Bühne stürmt. Er weiss, wie Mann ein Gitarrensolo
inszeniert, deshalb bekommt er gute drei Minuten dafür zugestanden.
Sein Aussehen verleiht dem schicken Chic-Line
Up etwas Skurriles und passt zum Songtitel wie der Senf zur Wurst. Mit
der anschliessenden 15-Minuten-Version von "Chic
Cheer" überstrapazieren Chick den 80er-Groove
ein weiteres Mal, bevor "Just One World" die Zeitreise beendet.
"Live At The Budokan" besitzt zwar enormen nostalgischen Wert.
Die Zeiten, in denen die Musik von Chic
wirklich etwas bewegen konnte, sind jedoch definitiv vorbei. Dennoch besitzt
die DVD den Charme vergangener Tage, den das spärliche Bonusmaterial
nur in geringen Mass zu steigern vermag. Es ist halt so eine Sache
mit Legenden ...!
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BUCH TIPP
POLO
- eine Oral History
Am 16. März 2005 wird Polo
Hofer 60 Jahre alt. Er ist der bekannteste Rock-Musiker der Schweiz,
vielleicht der einzige Schweizer Entertainer, der Klassenunterschiede
überbrückt und Generationen überdauert. Polo amüsiert,
provoziert und polarisiert - auch weil er als Erster seinen Dialekt mit
dem Rock n'Roll verbunden und so eine neue Volksmusik und einen neuen
Wirtschaftszweig geschaffen hat. Der Autor Samuel Mumenthaler, Autor des
Schweizer Sixties-Buchs
"BeatPopProtest", hat die helvetische Ikone für dieses
Buch in stundenlange Gespräche verwickelt.
Freimütig erzählt Polo über seine Jugend im Berner Oberland
und das Älterwerden, über Tiefschläge und Hochgefühle,
über Einsichten aus 60 Jahren intensivem Leben und -
vor allem über seine Musik. Auch Polos musikalische Weggefährten,
seine Freunde, Geliebte, Schüler, Kritiker und seine Familie melden
sich zu Wort: Sie alle nehmen kein Blatt vor den
Mund und steuern ihre Sicht zu dieser bewegenden Oral History bei.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 49.50
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Text-Quellen:
Diverse |
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17.03.2005 13:04:35 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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