News Detail: CD: Top Tipps |
POP/ROCK
Joe
Cocker: Heart & Soul
1968 beginnt Joe
Cockers Karriere mit der bis heute tief im kollektiven Bewusstsein
verankerten Version des Beatles-Klassikers
"With A Litle Help From My Friends". Bis heute liefert seine einzigartige
Kunst, sich fremde Songs zu eigen zu machen, seine größten Erfolge.
Mit einer rauchigen Stimme als Erkennungsmerkmal ausgestattet, verfügt
er zudem über ein Markenzeichen das ihn seit annähernd 40 Jahren
unverwechselbar macht. Obwohl auch sein eigenes Liedgut sich nicht zu verstecken
braucht, sind es doch eigentlich seine Coverversionen, die seine Fans an
ihm am meisten schätzen. Zu seinem 60. Geburtstag, den er im Mai 2004
feierte, schenkt er sich und uns nun ein ganzes Album davon. "Heart
& Soul" wartet mit zwölf erdigen, echten und handgemachten
Rock-, Soul- und Rhythm'n'Blues-Klassikern darauf, die Charts zu erobern.
"Ich habe mich nie der Arbeit eines Künstlers genähert, wenn
ich nicht das Gefühl hatte, dass ich etwas Anderes und Persönliches
hinzufügen konnte. Es geht nicht darum, etwas verbessern zu wollen.
Es gilt, dem Song eine eigene Geschmacksnote zu verpassen. Man kann ihm
dadurch eine andere Art von Integrität verschaffen, voller Respekt
und zur Ergänzung des Originals." In diesem Sinne verneigt sich
Joe
Cocker auf "Heart & Soul" u.a. vor Aretha
Franklin ("Chain Of Fools"), Marvin
Gaye ("What's Going On"), Paul
McCartney ("Maybe I'm Amazed"), U2
("One") und R.E.M.
("Everybody Hurts"). Zwei seiner musikalischen Widmungen gelten
dabei den 2003 verstorbenen Musikern Robert
Palmer ("Every Kind Of People") und Nina
Simone ("I Put A Spell On You"). Selbstredend allesamt
ehrliche und einzigartige Interpretationen, die den Originalen mehr als
nur eine Geschmacksnote hinzufügen. Dank Joe
Cockers Herz, Seele und Stimme fühlt sich die Welt tatsächlich
ein Stück einfacher an. "Heart & Soul" erdet das zuweilen
abstrakte Dasein auf angenehme Weise und wirkt mit seiner gefühlvollen
Bodenständigkeit für den Körper belebend, für den Geist
beruhigend. Dafür verantwortlich ist neben Joes Adaptionskompetenz
der Umstand, dass alle Instrumente von Hand gespielt werden. Mit von der
Partie sind u.a. Jeff
Beck, Eric
Clapton und Steve
Lukather. "Im Laufe der Jahre scheint man es richtig lieb gewonnen
zu haben, wenn ich Hits von anderen in Angriff nehme. Diesmal habe ich das
im großen Stil gemacht und, wenn ich ehrlich bin, denke ich, wir haben
unseren Job ziemlich gut gemacht." Genau so ist es!
Jetzt
bestellen für nur SFr. 19.90 anstatt SFr. 27.90 |
|
METAL
Rammstein:
Reise, Reise
"Reise, Reise", ein Albumtitel, der alleine für sich stehend
so ganz und gar unprätentiös wirkt. Rammstein
wären nicht Rammstein,
würden sie dem nicht ihre eigene Note hinzu fügen. So prangt auf
dem Cover die Warnung "Flugrekorder nicht öffnen", und plötzlich
findet sich der Betrachter zwischen dem 11. September, Flug- und Terror-Angst
wieder. Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erleben, und sei es
die ungebremste Bauchlandung irgendwo im Nirgendwo. Es klingt unglaublich,
aber das martialische Sextett hat doch tatsächlich einige Experimente
gewagt. Zärtlich tastet es sich an die Umgestaltung ihres Soundkostüms
heran. Die ursprünglichen Zutaten sind zwar noch haltbar, stampfende
Rhythmen, heftige Gitarren und immer wieder Till Lindemanns monotones Organ.
Ungewöhnliche Elemente wie Mandolinen und Akkordeons bereichern jedoch
das Gesamtbild. Ganz so brutal wie auf den Vorgängern hauen Rammstein
nicht mehr auf den Amboss. Derbe Uptempo-Nummern sucht der Fan vergebens.
Der schleppende Beat regiert, er gibt das Szepter nur sporadisch ab, und
wenn, dann scheint es lediglich so, als ob jetzt gleich die Luzie ganz fürchterlich
abgehen würde. Tut sie aber nicht.
Härte oder Schnelligkeit taugen als Gradmesser für Qualität
so viel wie ein Nylonsöckchen fürs Skifahren. Wie sieht es also
mit den Songs aus. Lindemann sorgt mit Textzeilen wie "sie ist hässlich,
dass es graut, wenn sie in den Himmel schaut. Dann fürchtet sich das
Licht, scheint ihr von unten ins Gesicht" für Lacher, daneben
haben Rammstein
durchaus den einen oder anderen Brecher im Gepäck. "Dalai Lama"
zum Beispiel lehnt sich am Erlkönig an, quasi für die Luftfahrt
umgeschrieben. Eine atmosphärisch schrecklich schöne Umsetzung.
Wer jetzt noch fliegt, ist selbst schuld. "Los" ist der ungewöhnlichste
Song der Rammstein-Historie.
Wäre die instrumentale Begleitung ganz herkömmlich elektrifiziert,
niemand würde den Unterschied zu anderen Rammstein-Stampfern
bemerken. Im unplugged-Outfit ist das aber etwas anderes, zumal mit Countrygitarren-Zwischenspielen
und Mundharmonika-Gejaule zusätzlich zwei humoreske Farbtupfer auftauchen.
In bislang noch nicht erforschte Pop-Gefilde wagt sich "Amerika"
vor, dient dem kaum versteckten Sarkasmus über us-amerikanische Seltsamkeiten
lediglich als Transmitter. So einfach der Song, so einfach ist auch die
Message gestrickt. Die Gegensätze des kalten Krieges finden auch in
der Trackliste ihre Ausdruck wo "Amerika" direkt vor "Moskau"
steht, einer etwas platten Verneigung vor der russischen Hauptstadt. Vorsicht
jedoch beim Genuss bei der Autofahrt, es könnten Strafzettel für
Geschwindigkeitsübertretungen folgen. Ein weiteres Gegensatzpaar folgt
mit "Stein Um Stein" und "Ohne Dich". Während Lindemann
in ersterem davon schwadroniert, jemanden ins Fundament einzumauern, klagt
er in letzerem über den Verlust von ... keine Ahnung. Mit den Rammstein-Balladen
habe ich so meine Probleme. Ging "Seemann" seinerzeit noch als
stimmungsvoll-atmosphärisches Stück Musik durch, oszilliert bei
"Ohne Dich" im Hintergrund die Schlagerparade durch. Reduziert
den Song um verzerrte Gitarren und lasst statt des Lindemanns Till Hinterseers
Hansi ans Mikro, und ihr habt den Gewinnertitel von 'Schlager sucht den
Superstar' - ganz furchtbar das. Bei dem ihnen eigenen Humor würde
es jedoch nicht wundern, wenn Rammstein
das Teil als nächste Single auskoppeln würden, nur um zu schauen,
wie weit eine Hartwurst-Combo mit einem Schlagersong in den Charts kommt.
"Reise, Reise" unterscheidet sich von Rammsteins
Vergangenheit letztendlich nur durch die vermehrt auftauchenden leisen Zwischentöne,
ansonsten bleibt alles beim Alten. Nicht ganz, denn mit der Power ist auch
etwas der ich-haue-mit-dem-Kopf-die-Wand-zu-Klump-Effekt verloren gegangen.
Ansonsten herrscht solider Durchschnitt. Noch eine Kuriosität am Rande,
Realsatire pur auf einer US-Fanseite: über "Amerika" steht
dort: "according to the band, the song is not political; it simply
describes things as they are." Is klar. Coca Cola, Wonderbra, Amerika,
Amerika.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
POP/ROCK
Marianne
Faithfull: Before The Poison
Johnny
Cash musste auf Rick Rubin treffen, Kylie
Minogue auf Nick
Cave, und Marianne
Faithfull gleich auf PJ
Harvey und Nick
Cave zusammen. Meine Güte, was für eine Allianz. Und sie
hält, was sie verspricht: Die Frau mit der beeindruckendsten Stimme
seit Nico legt mit "Before The Poison" ein Album voll horizontverdunkelnder
und spaßverdrossener Songs vor, allesamt geflossen aus ihrer Feder
und der der schwermütigen Dreifaltigkeit Harvey/Cave/Albarn.
Letzterer, der schon auf Faithfulls Vorgänger komponieren durfte, ist
zwar nur einmal vertreten, sein "Last Song" macht dem Songtitel
aber alle Ehre, und ist so weit von Blur entfernt, wie Kylie von Marianne.
Düster, elegisch und unheilvoll breitet sich der rubinrote Soundteppich
für die neue Queen of Darkness aus, auf dem diese gewohnt rauh und
knarzend voran schreitet. Sobald sich im zweiten Refrain die einsetzenden
Streicher über die mitreißenden Pianoakkorde legen, macht sich
gar ähnlich erstickende Trauer breit, wie sie Johnny
Cash in "Hurt" zu vermitteln wusste, und alleine die Vorstellung,
Faithfull hätte mit dem Man In Black vor dessen Tod noch ein Duett
eingespielt, lässt einen frösteln. Zwei Stimmen für die Ewigkeit.
Dass Marianne
Faithfull die elektronischen Experimente von "Kissin Time"
ad acta gelegt hat, prophezeit schon das vor Erhabenheit strotzende, in
ockerbeige gehaltene Cover, das glatt einem Gemälde der Rokoko-Zeit
entstammen könnte. Die Songs sind nicht minder stilvoll: Ähnlich
der französischen Legende Juliette
Gréco, die als Muse der Existenzialisten gilt, schwimmt auch
Faithfull im tiefen Strom molllastiger Melancholie, und erreicht dabei mitunter
gedanklich das linke Seine-Ufer, etwa wenn sich ihre Stimme an den alten
Gegensatzpaaren Liebe und Tod, an Gut und Böse reibt.
"I have no time for hate or love, hey child, you're so full of woe"
stellt sie im berührenden "No Child Of Mine", einem Duett
mit Harvey, fest. Doch auch Faithfull bleibt eine Suchende, die das Geheimnis
der Liebe nicht entschlüsseln kann, sich im Titeltrack gar die Giftspritze
setzt, um das sich anschließende Gefühl zu beschreiben. Die Songs
selbst stehen den Texten an Dramatik in nichts nach, leben von der Reduktion
instrumenteller Mittel und der damit einher gehenden Konzentration auf die
Essenz, das Skelett. Die von Cave geschriebene Pianoballade "There
Is A Ghost" gehört sicher zu den bewegendsten Songs, die die Grand
Dame je eingesungen hat. Erfrischender als im Frauen-Doppel "My Friends
Have" mit PJ hat man sie nie zuvor rocken gehört. Und selbst der
anfänglich wirr erscheinende, laute Cave-Rocker "Desperanto",
den Faithfull mit Sprechgesang veredelt, fügt sich nach und nach dem
Gesamtbild. Ein gewaltiges Album.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
POP/ROCK
/ DEUTSCH
Juli:
Es Ist Juli: Enhanced
Wenn eine Band, die sich selbst Juli
nennt, mit "Die Perfekte Welle" leicht verspätet gerade noch
den Ausklang eines wirklich englisch geratenen Sommers kommentiert und ihr
Debütalbum im September auf den Markt wirft, muss sie wirklich andere
Qualitäten besitzen, als mit ihrem Namen einen Gag zu landen. Und Qualitäten
hat die Band um Eva Briegel zweifelsohne zu Genüge.
Zahlreiche regionale Preise aus der Rock- und Popszene konnte die Combo
damals noch unter dem Namen Sunnyglade bereits abräumen. Orientiert
an 2raumwohnung,
Rosenstolz
und Wir
Sind Helden versucht sich das Quintett nun am Aufstieg in die Elite-Riege
des Deutschpop.
Auf eben genannte Bands zielend, treffen Juli
wohl am ehesten den Stil von WSH, wenn auch der Opener "Warum"
anderes vermuten lässt. Rockende Power-Chords begleiten echte Schulmädchen-Literatur.
"Warum ist doch egal ... denn heute Nacht sind nur wir zwei wichtig".
Nach dieser Schmachtgurke hat man allerdings den einzigen peinlichen Teil
des Albums bereits überstanden - versprochen. "Du stehst in den
Sternen, ich seh' rauf zu dir; und ich find's geil, dich so zu seh'n".
Keine große Lyrik, aber ehrlich und schön. Ebenso auch der folgende
Nostalgieschinken "Geile Zeit". Musikalisch klingt das alles wie
eine bunte Mixtur aus Rock mit angezogener Handbremse und irgendetwas in
Richtung Roxette.
Dazu veredelt die Stimme der Sängerin, mal rotzig ("Geile Zeit,
Anders"), mal anhimmelnd glasklar ("Tage Wie Dieser", "November"),
beinahe jeden Song zu einer Deutschrockperle. Trotz des sommerlichen Namens
ist das Album der Band keinesfalls als reines Gute-Laune-Machwerk konzipiert
und sollte auch nicht so abgehandelt werden. Diskutabel ist sicherlich,
wie tief die interpretatorischen Möglichkeiten eines Songs wie "Die
Perfekte Welle" reichen. Als Surfsong ist das Ding allerdings sicher
nicht gedacht. Das beherrschende Thema der Platte ist, wie bei Popmusik
üblich, die Liebe in all ihrem Facettenreichtum und aus jedweder Perspektive.
Dieses Thema hat ja (meistens) länger Aktualität als nur während
der warmen Monate. Und durch die recht hohe Wahrscheinlichkeit der Selbstidentifikation
mit den Songs bescheren die Texte auch eher ein Wechselbad der Gefühle
als reine Teletubbie-Glückseligkeit.
"Es Ist Juli"
präsentiert sich als homogene Ansammlung schöner, handwerklich
ehrlich gemachter Deutschpopstücke mit einem angemessenen Schuss
Rock, um sich aus der Masse hervorzuheben. Die Reggae-Schnipsel in "Kurz
Vor Der Sonne" bleiben zwar ein ebenso großes Rätsel wie
der Name der Scheibe, fest steht jedoch, dass Juli
ein ähnlich überzeugendes Debüt-Werk wie seinerzeit die
Helden auf den Markt werfen und in den nächsten Jahren in Sachen
charttauglicher Musik aus deutschen Landen wohl ein Wörtchen mitsprechen
dürfen.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 23.90
|
|
HIP
HOP/RAP
Die
Fantastischen Vier: Viel (Standard Edition)
"You've Come A Long Way, Baby" titelte Fatboy Slim. Zwei Jahre
bastelten Die
Fantastischen Vier an ihrem Comeback. Die Mühe hat sich gelohnt.
Die Verknüpfung von Tiefgang, eigenem Style und einfallsreichem Humor
war immer die Stärke des Quartetts. "Viel" frönt diesen
Talenten mit der gewohnten Wortgewalt und frischen Grooves. Man kann den
Fantas vorwerfen, was man will: stehen bleiben sie nicht. Dass Smudo,
Thomas
D., Andy Y. und Hausmarke
(seines Zeichens Executive Producer) heiß auf ein neues Kapitel Bandgeschichte
waren, dokumentiert der Oldschool-Opener "Bring It Back". So harte
Gitarren gab's seit "Genug Ist Genug" nicht mehr. Die Abgeh-Nummer
featured Lieblingsfeindin Sabrina
Setlur, die den Stuttgartern in alter 3p-Tradition
fett einschenkt: Selbst-Ironie und -Referenz at its best. Ähnliches
trifft auf das achtzigeraffine "Geboren" (u.a. mit (Max Herre)
zu. Smudo
zeigt ziemlich funky, was in Deutschland den qualitativen Unterschied zwischen
Casting-Shows und einer gewachsenen Band ausmacht. Dieser Textsport wurzelt
in Erfahrung, benötigt Abgeklärtheit und lebt von beständigem
Feilen an prägnanten Worten, Sätzen und Reimen. Den gewohnt scharfen
Blick für die Banalitäten und kleinen Wahrheiten des Alltags beweisen
Nummern wie "Leben Zu Zweit" oder der Reggae-Track "Keine
Lösung" (mitproduziert von den Silly
Walks). Thomas
D. formuliert im von Streichern eingeleiteten und melancholischen
Downtempo-Track "Sommerregen" lieber allgemeiner. "Mein Schwert"
präsentiert sich inhaltlich und soundmäßig als eine modernisierte
Version des Erfolgs-Tracks "Krieger". Der Fachmann für Beziehungsgeschichten,
Hausmarke,
verbreitet mit "Ewig" Funk-Pop-Feelings zwischen Elektronik und
Live-Charakter. So klangen die Fantas noch nie (Max Herre half hier beim
Text). Der locker tanzbare Midtempo-Groove von "Jede Generation"
(der Plattenpapzt drehte mit an den Reglern) überzeugt mit einer eingängigen
Hook im Refrain, während sich das Quartett in "Hey" an modernem
R'n'B orientiert. Die Party-Single "Troy" macht die eine Diskussion
über Hip Hop oder Pop zwar überflüssig, bleibt aber ähnlich
wie "Ruf die Polizei" musikalisch weniger spannend. Dennoch verbreiten
die Tracks unpeinlich viel gute Laune. In Sachen reflektierte Selbst-Ironie
macht diesen Popstars kaum einer was vor. Die
Fantastischen Vier bleiben sich insofern treu. Trotzdem erscheint
die Band in einem anderen Licht. Anno 2004 geben sie sich elektronischer,
hitverdächtig und tanzbar. Und liefern nebenbei eine Sound-Bandbreite
ab, die der "4. Dimension" alle Ehre macht.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
POP/ROCK
Phil
Collins: Love Song - A Compilation: Old & New (2 CD)
Sein neues Album, die Compilation "Love Songs", liegt dem Briten
sehr am Herzen. Und genau von dort kommen auch die Songs, die Phil
Collins aus seiner über dreißig Jahre währenden
Karriere für das aktuelle Doppelpack ausgesucht hat. Per Luftpost mit
Phil
Collins-Briefmarke und dickem Kussmund auf dem Cover erreichen uns
die 25 Liebeslieder, die der singende Romancier für "Love Songs"
zusammengestellt hat. Liest man den Begleittext in Booklet durch, so gewinnt
man den Eindruck, Phil Collings habe sich mit "Love Songs" einen
lange gehegten Wunschtraum erfüllt. Alles andere als zufällig
ist die Auswahl der Liedtitel. Mit viel Herzblut ging der kahlköpfige
Mann aus Chiswick hier zu Werke. Er versammelt eigene Kompositionen, stellt
ihnen eine ganze Reihe Songs aus fremder Feder an die Seite und erhebt "Love
Songs" damit in den Rang einer heimlichen 'Best Of', die seine vor
einigen Jahren erschienene Hitsammlung um die persönlichen Momente
ergänzt. Natürlich fehlen auch auf "Love Songs" die
Chartbreaker nicht, schließlich feierte Phil
Collins mit gefühlvollen Balladen wie "One More Night"
oder "Groovy Kind Of Love" einige seiner größten Erfolge.
Die bestreiten auf dem ersten Silberling die Pflicht. Viel interessanter
als seine bekannten Hitsingles sind aber die zahlreichen Coverversionen,
die Phil
Collins auf "Love Songs" versammelt. Allesamt Songs, die
er am liebsten selbst geschrieben hätte, wie er im Booklet-Text freimütig
bekennt. Hier folgt also die Kür des Herrn Collins, hier schwimmt er
sich frei und wartet etwa mit einem Cover des Curtis
Mayfield Songs "I've Been Trying" auf. Ungewohnt soulig
und schlicht inzeniert Collins den Song und setzt damit einen schönen
Kontrapunkt zu den eher opulenten Arrangements auf der ersten CD. Gegen
Ende gewinnt "Love Songs" mit den dort versammelten Live-Versionen
etwas an Fahrt. Aus dem Quartett der Live-Aufnahmen sticht das mit dicken
Bläsern aufwartende Cover des Temptations
Hits "My Girl" am deutlichsten heraus. "The Way You Look
Tonight" setzt den Schlusspunkt unter die 25 Liebeserklärungen
im Songformat.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 28.90 |
|
JAZZ
/ SOUL
Joss
Stone: Mind, Body & Soul
Es war eine geschickte Strategie, Joss
Stone im Kontext älterer und selten gehörter Soulperlen
debütieren zu lassen. Platin- und Goldauszeichnungen, über zwei
Millionen verkaufte Einheiten und Chart-Entrys in über 13 Ländern
sprechen eine deutliche Sprache. "Sie braucht keine trendige Single
mehr. Heute wird ein neues Joss
Stone-Album von einem internationalen Publikum heiß erwartet,
weil sie eine begnadete Sängerin toller Songs ist", resümiert
Steve Greenberg, der Chef von Joss
Stones US-Label S-Curve-Records. "Das ist für eine junge
Künstlerin eine unglaublich befreiende Ausgangsposition." Und
nicht nur das! Zugleich wird Joss
Stone von zahlreichen Soul-Größen umschwärmt. Stevie
Wonder kann sich nicht zurück halten, ihr seine Hochachtung
mitzuteilen. Die besten Songschreiber, Lamont Dozier (The
Supremes) und Desmond Child (Aerosmith,
Bon
Jovi, Ricky
Martin) komponieren für sie. Eine ganze Schar 70er Soul-Instrumentalisten
spielt die Backgrounds ein, darunter auch Nile
Rogers von Chic,
Angie
Stone langt in die Tasten, und The
Roots-Drummer "?uestlove" fehlt derzeit eh auf keiner
ordentlichen Black Music-Scheibe. Das Video zur Single "You Had Me"
inszenierte zudem Chris Robinson, der schon bei den hochrotierenden Clips
von Usher,
Alicia
Keys, Jay-Z,
Beyoncé
und Lenny
Kravitz im Regiestuhl saß. Zu den Vermarktungsmethoden der
Generation VIVA bezieht Joss
Stone allerdings klar Stellung. "Ich bin fest davon überzeugt,
dass die Musik besser war, bevor es MTV gab. Videos zu drehen ist ein notwendiges
Übel, das mir eigentlich nicht zusagt."
Damit macht sie einmal mehr deutlich, dass es ihrer reinen Seele um pure,
echte und handgemachte Musik geht. Um ehrliches Songwriting und das gemeinsame
Musizieren in einer Band. Deshalb eröffnet sie "Mind, Body &
Soul" mit dem live eingespielten Opener "Right To Be Wrong".
Die balladeske Rhythm Country'n'Blues-Hymne weist den Weg ins Nu Soul-Old
School Universum von Joss
Stone. "Einerseits bin ich ein Kind der heutigen Zeit und mit
ihrer Musik aufgewachsen. Andererseits höre ich am liebsten alte Soul-Musik.
Die hat zwar ein bisschen Staub angesetzt, aber im Vergleich zur heutigen,
sehr ausproduzierten Musik, klingt sie so viel besser und echter. Deshalb
ist 'Mind, Body, Soul' eine Mixtur aus Altem und Neuem. Ich möchte
mich einfach vom herkömmlichen Pop-R&B unterscheiden. Jedenfalls
ist das der Vibe, den ich mir für die Platte gewünscht habe."
"Jet Lag" groovt auf einem R'n'B-Fundament noch lässig aus
den Boxen, bevor mit "You had Me" die Bude heftig bebt. Lied Nummer
drei funkt sich mit Clavinet-Hooklines supersticious durch ein perfektes
Arrangement. "You Had Me" wird Black Music-Geschichte schreiben,
versprochen! Zur Beruhigung kredenzt Joss
Stone mit "Spoiled" ihren persönlichen Lieblingstitel
von "Mind, Body & Soul". Wie später auf "Security"
strahlt im balladesken Kontext ihr gesanglicher Reichtum besonders hell.
"Dont' Cha Wanna Ride" lässt es gemütlich angehen und
shuffelt genüsslich vor sich hin. Soul, Reggae und eine fette Portion
Jamaika-Lässigkeit gibt's auf "Less Is More", das vom Lauryn
Hill-erfahrenen Commisioner Gordon produziert wurde.
Das tanzbare "Snakes And Ladders" flirtet mit Subbässen im
trippigen Ambiente. "Don't Know How" liefert bluesiges Dancefloor-Futter
allererster Güte. In "Killing Time" kostet sie ihre Oldschool-Vorliebe
noch einmal aus, bevor uns "Sleep Like A Child" aus einem großartigen
Album orgelt. "Ich versuche, das Beste aus meinen Vorschusslorbeeren
zu machen. Wenn es klappt, dann darf ich vielleicht auch in fünf Jahren
noch Platten aufnehmen." Ganz sicher, liebe Joss! Ganz sicher!
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
SOUL
/ INTERNATIONAL
Zap
Mama: Ancestry in Progress
Nach einem stilvollen Intro mit smoothem Beatboxing gewährt "Sweet
Melody" erste Eindrücke vom songschreiberischen Können Marie
Daulnes, dem kreativen Kopf von Zap
Mama. Feinfühlig und innovativ geht sie mit der Melodieführung
im exotisch - vertrauten World-Pop-Kontext um. Ihre eingängigen Tonfolgen
beziehen sich deutlich auf afrikanische Roots, sind europäischen Ohren
jedoch ohne Mühe zugänglich. "Vivre" deutet erstmals
ihre Sympathie für amerikanischen Hip Hop an. Zusätzlich baut
die sichere Single auf ein Afro-Latin-Pop-Gerüst mit Schigge-Schigge
Mitsing-Refrain, bei dem sich ein Vergleich zum Multi-Kulti-Flair der Black
Eyed Peas anbietet. "Vivre" bewegt sich ebenso unkonventionell
und einfallsreich durch die Stile wie BEPs "Elephunk". Zwischen
afrikanisch inspiriertem World-Pop und Black Music bewegt sich "Bandy
Bandy", das von Erykah
Badus Neo-Soul-Stimme gekrönt wird. "Yelling Away"
stellt abermals Hip Hop-Attitüden ins Zentrum. Auf einem obskuren Sitar-Motiv
sorgen die Gäste Talib
Kweli und ?uestlove (The
Roots) für die Beat- und Reimfluten. "Yelling Away"
ist dank Ohrwurm-Refrain ebenso ein heißer Anwärter für
eine Singleauskopplung wie das tanzbare "Miss Q'N". Über
die gesamte Länge strahlt "Ancestry In Progress" Kraft, Ruhe
und Ausgeglichenheit in allen Belangen aus. "I feel I can be a bridge
between two cultures" meint dazu Marie Daulne. Nicht nur zwischen den
Kulturen erschafft sie musikalische Brücken, alle scheinbaren Gegensätze
lösen sich in ihren Kompositionen in komplementäre Einheiten auf.
Das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile.
In allen 15 Songs gelingt eine fast beängstigend perfekte Fusion aus
afrikanischen und westlichen Elementen. Studiotechnisch entspricht "Ancestry
in Progress" den höchsten Ansprüchen. Modernste Elektronik
und Tradition sind auch hier kein Widerspruch, wie der Afro-Drum'n'Bass
"Ca Varie Varie" beweist.
Laut Tracklist entlässt
das funkige "Zap Bébés" die Hörenden aus
einem vollkommenen World-Pop-Album. Den eigentlichen Rauswurf erledigt
ein Ghost-Track mit afrikanischen Buschgeräuschen und einem sanft
gesummten Liedchen. Schöner und ausdrucksstärker kann man den
'One World'-Gedanken musikalisch nicht formulieren.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 28.90
|
|
POP/ROCK
Interpol:
Antics
Nebel ist bezeichnend für die Songs, die Platten und das komplette
Auftreten von Interpol.
Man muss diese Band im Nebel entdecken, denn das Verschwommene, das Versteckte
ist Grundstein ihrer Musik. Ganz weit weg scheinen die Songs, ganz weit
weg diese vier Hipsters in ihren dunklen Anzügen. Im Nebel der zwei
Jahre seit Interpols
Debüt "Turn On The Bright Lights" hat sich nicht viel verändert:
Joy
Division und die Chamelons sind immer noch die großen Eckpunkte.
Aber die New Yorker sind nicht mehr ganz so sanft und langsam wie auf ihrem
Debüt und lassen es dieses Mal gerne etwas rockiger und lauter angehen.
Und immer noch kann wohl kaum eine Band der letzten Jahre so viel Stil,
Würde und Stolz vorweisen wie Interpol.
Von Paul Banks unglaublicher Stimme, die mit solchem Stolz trauern kann
und trotzdem nie die Geschichte eines gebrochenen Mannes erzählt, sondern
in jeder Silbe das Fünkchen Stolz trägt, das sich nicht unterkriegen
lässt, bis hin zu den knochentrockenen und ultra-tighten Instrumenten,
die die Songs nahezu schweben lassen: der Glanz dieser Musik tönt immer
durch, und er gibt sich nur dann richtig preis, wenn man den Nebel ganz
langsam von dannen ziehen lässt. Erst nach und nach dringt die Größe
der Songs durch die Schwaden. Bald offenbaren sich Interpol
ein zweites Mal als "slave(s) to the detail(s)", und ihre Songs
strahlen in einer solchen Perfektion und Größe, wie man es nach
den ersten drei, vier Hördurchgängen nicht für möglich
gehalten hat. Ein Wort wie "ausgefeilt" trifft kaum die Ausmaße
dieser Detailbesessenheit. "Antics" ist fanatisch akribisch. Alles
sitzt exakt an dem Ort, an dem es seine Berechtigung hat. Nichts klingt
falsch, nichts klingt seltsam. Diese Platte verfolgt eine solch exakte Linie,
wie man sie nur selten gehört hat. Es sind Momente wie der Anfang von
"Evil", wenn Sänger Paul Banks so bittend und zerbrechlich
das Wort "Rosemary" ausspricht, oder wenn im selben Monster von
einem Song für einen kurzen Moment alles still steht und dann eine
einzelne Gitarre mit klitzeklar gespielten Akkorden eine neue Runde im Song
einläutet, die diese Band ausmachen. Dann möchte man nur auf den
Boden fallen und Interpol
anbeten und ihnen für die Gänsehaut auf dem eigenen Rücken
danken. Und die Worte aussprechen, die man in jeder Sekunde von "Antics"
fühlt und die wohl auch Kollege Henze bei seiner Nebelaktion dachte:
"Was für eine Platte. Was für eine Band."
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
MUSIK
DVD
Depeche
Mode: Devotional Tour - Live in Concert (2 DVD)
Fragt man Depeche
Mode-Fans, die ihre Freizeit auf 101 Stunden langen DM-Parties in
Hamburg zubringen, nach ihrer Lieblings-Bandphase, kommt im Schnitt sicher
das Jahr 1986 heraus. Damals erschien "Black Celebration", das
düsterste Album der Engländer bis dato, und obendrein durch und
durch elektronisch. Im Gegenzug gefriert dem Großteil jener Anhänger
das Gesicht zur Grimasse, sobald man aufs Jahr 1993 zu sprechen kommt. Mit
"Songs Of Faith & Devotion" entdeckten Depeche
Mode damals den Rock'n'Roll (pfui!), mit der Single "Condemnation"
versuchten sich die Engländer gar an uramerikanischem Gospel (bäh!),
und das alles dank des über Nacht langhaarigen (igitt!) und frisch
nach Kalifornien umgesiedelten Grunge-Fans Dave
Gahan. Zwar weiß die Legende um den Unmut, den Gahans Enthusiasmus
bei den Kollegen Gore, Wilder und Fletcher auslöste, als der Sänger
ferner für einen deutlich rockorientierteren Live-Ansatz des Quartetts
plädierte. Dennoch gilt die Devotional Tour 93/94 als exemplarisch
für die Abkehr von der steifen, über Jahre hinweg eisern befolgten
Kraftwerk-Performance-Logik und brachte sogar zwei soulige Backgroundsängerinnen
auf eine DM-Bühne. Martin
Gore schnallte sich noch öfter als bisher die Klampfe um und
huldigte im silbernen Glitzer-Outfit seiner Glam Rock-Jugend, während
sich Technikgenie Alan Wilder nach zweijährigem Crash-Kurs hinter ein
echtes Schlagzeug setzte. Nun brauchte ein Song wie "Never Let Me Down
Again" zum Nachweis seiner Klasse zwar nicht unbedingt zusätzliches
Live-Drumming, neuen Songs wie "In Your Room" verpasste Wilder
aber mit geringen Mitteln ungeheuren Druck. Überhaupt: so desaströs
die Mammut-Tournee mit über 150 Konzerten in eineinhalb Jahren, Nervenzusammenbrüchen,
Drogen-Exzessen und vier nur noch über persönliche Betreuer miteinander
kommunizierenden Bandmitgliedern auch endete, auf der Bühne ging's
ordentlich ab, und Anton Corbijns Visuals (Wahnsinn: "Walking In My
Shoes", "I Feel You") sowie das Bühnendesign gehören
zu dessen besten Arbeiten. Erstmals bekommt der Fan auch die Songs "Policy
Of Truth" und "Halo" aus Frankfurt und Barcelona serviert,
wenn auch lieblos ans Konzertende angehängt. Gahan missachtet mit seiner
spirituellen Halskrause zwar eklatant den bis dato bei Depeche immer sehr
wichtigen Style-Code, seine Frontmann-Turnereien auf der gigantischsten
Bühne seit Bandbestehen und die dadurch ausgelöste Euphorie im
Publikum lässt sich aber auch elf Jahre später auf der Wohnzimmercouch
noch gut nachvollziehen. Nur Corbijns altbekannte Vorliebe für unscharfe
Kamera-Einstellungen überschreitet manchmal doch die Grenze zum Pixelchaos.
Richtig ärgerlich
ist aber, dass Mute mal wieder schlampige Produktionsmethoden großzügig
durchgehen ließ. Die Videoclips auf der zweiten DVD sind aufgrund
von Lautstärkeschwankungen praktisch unmöglich zu genießen,
auch wenn so schwer zu bekommende Clips wie "One Caress" Beachtung
finden. Für alle Kneipen- oder Clubbesitzer unter den Devotees hat
man die zweifellos tollen Live-Projektionen noch mal in einer Extrarubrik
als Vollbild mit drauf gepackt. Immer wieder schön anzusehen ist
dafür Bonus-Material wie Interviews, diesmal in Form einer MTV Rockumentary.
Mute-Chef Daniel Miller beeindruckt dort mit reichlich Haupthaar, Gahan
philosophiert drogentrunken über seine neu erlangte Sicht auf den
Prozess des Musikmachens, und Corbijn sagt Sätze wie: "In the
beginning I thought they were a teeny boppy band, so I didn't really want
to touch them". Warum sich das ab 1986 änderte, erzählt
der Filmemacher überdies in einem Extra-Monolog. Die Show-Gigantomanie
jener Tage und das Wissen um ihre beinahe katastrophalen Folgen für
einzelne Bandmitglieder gruselt im Nachhinein ebenso, wie sie dank Corbijns
fantastischer Konzeption fasziniert. "Devotional" zeigt einen
komplett anderen Live-Ansatz als "One Night In Paris" oder "101"
auf, und ist daher auch Besitzern jener DVDs zu empfehlen. Außerdem
schaffte es erstmals seit 1986 der Song "Fly On The Windscreen"
wieder ins Live-Programm, woran auch die "Black Celebration"-Fanfraktion
ihre dunkle Freude haben dürfte.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 39.80 |
|
Text-Quellen:
Diverse |
|
07.10.2004 20:16:48 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
Zur Monatsübersicht |
|
Wird aktuell angeschaut... |
| |
|