News Detail: CD: Top Tipps
HIP HOP/RAP
Terror Squad: True Story
Der Thron ist verwaist. Die Rivalen der Rapbahn bereiten sich auf den Kampf um das Erbe von Jay-Z vor. Nicht ein Hip Hop-Superstar, der nicht versucht, seine Neuentdeckungen und Signings an den Head zu bringen. Auch Bronx-Pate Fat Joe aka Joey Crack lässt seine Künstler von der Leine und schiebt zur Profilierung schnell das zweite Posse-Album seiner Terror Squad nach. Taktisch klug schickte der dicke Joe jedoch zuerst Scott Storchs "Lean Back" in die Clubs und Charts. Auf dem minimalistischen Synthie-Monster malt Joe mit Terror Squads First Lady Remy Martin ein nettes Bild vom richtig coolen Verhalten auf der Tanzfläche. "Said my niggaz don't dance we just pull up our pants. And do the rockaway, now lean back, lean back", erklärt Fat Joe, und Remy ergänzt: "We gangsta, and gangstas don't dance with boogies. So never mind how we got in here with burners and hoodies. Listen we don't pay admission and the bouncers don't check us. And we - walk around the metal detectors." Jene Remy Martin greift mit ihrem modernen Punchline-Style natürlich nicht nach dem Königssessel, sondern versucht, sich mit aller Macht zur neuen Rap-Queen emporzuschwingen. Alte Damen wie Foxy Brown und Lil' Kim können ihr wohl nicht mehr gefährlich werden, und ihre Rivalin Lady Luck hat Remy ja bereits zweimal in einer Battle besiegt. Doch um Konkurrenten wie Rah Digga, Jean Grae oder Trina klar zu distanzieren, muss ihre gute Leistung auf "True Story" nur ein Anfang gewesen sein. Neben Remy gehören noch die Rapper Armageddon und Prospect sowie R'n'B-Sänger Tony Sunhsine Sänger zu Fat Joes Terror Squad-Truppe, während die früheren Kumpels Triple Seis und Cuban Link fehlen. Jeder der drei darf seine Skills auf je einem Solostück anpreisen. Tony Sunhine ehrt über einem originellen Ruth Copeland-Sample in Kanye West-Manier die sommerlichen "Streets Of NY". Armageddon geht auf dem vielschichtig melancholischen Kopfnicker "Pass Away" tief wie der Mariannengraben, und Prospect tobt sich auf dem Eastcoast-Tune "Thunder In The Air" aus. Insgesamt bieten die drei Männer jedoch zu wenig, um in die Fussstapfen der ganz Grossen treten zu können, und zu viel, um für ewig aus dem Rapgame verbannt zu werden. Auch das Niveau der restlichen Tracks ist maximal überdurchschnittlich, ohne die Klasse von "Lean Back" zu erreichen. "Let Them Things Go" bounct mit tiefem Bass und nervig fieser Synthie-Fiction, während "Take Me Home" mit einem Roberta Flack-Sample "If Only For One Night" als mittelprächtiger Kanye West-Clone schwülstig soult. Also, "Lean Back"-Single kaufen, und gut ist.
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POP/ROCK
Uncle Kracker: 72 And Sunny
Ohje, ohje. Was ist das denn? Uncle Kracker hat mit "72 & Sunny" ein Album vorgelegt, das selbst den hartgesottensten Gitarrenmusik-Feind in die Persönlichkeitsspaltung treiben kann. "Detroit-Country-Pop!" mault die vertraute Stimme im Kopf. "Klingt schon beim ersten Hören, wie 1.000 mal durchgenudelt." In der Tat: Innovativ ist an dieser Platte nichts. Und, ja. Es ist bedenklich, wenn man anhand einer Textzeile sofort die nächste abschätzen kann. Glaubt ihr nicht? Ist aber so. "On every page you will see how much I love you." Wie wird die nächste Zeile lauten? Klar: "In every line you will see how much I care." Unsäglich absehbar. Erbärmlich, im Grunde. Und doch ist es gerade die Absehbarkeit der Platte, die einen nicht unerheblichen Teil ihres Reizes ausmacht. Man fühlt sich sofort wunderbar zu Hause. Man kennt sich aus, man weiss, was passiert. Unangenehme Überraschungen ausgeschlossen. Matt Shafer hat eine starke Stimme, die auf einem Singer/Songwriter-Album wie "72 & Sunny" auch prächtig zur Geltung kommt. Es fehlt ein Hit wie einst "Follow me", dafür haben die Songs durchweg wirklich, wirklich schöne Melodien, die ins Ohr gehen, und da auch bleiben. Weil: Sie klingen eben wie schon 1.000 mal durchgenudelt. Was den Zauber eines Schmachtfetzens wie "Don't Know How (Not To Love You)" seltsamerweise nur unwesentlich schmälert. Anleihen aus Hip Hop und Rock, wie sie auf früheren Uncle-Kracker-Alben noch zu finden waren, fehlen völlig. Schade, so ist es eben nur, wie gesagt, Detroit-Country-Pop.
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POP/ROCK
Hives: Tyrannosaurus Hives
Zum Anfang ein kleiner erdgeschichtlicher Exkurs: Der Tyrannosaurus Rex lebte vor ca. 65 Millionen Jahren und galt als der fleischfressende König der Saurier. Mit seinen über 20 Zentimeter langen Zähnen konnte er bis zu 250 Kilo Fleisch auf einmal schnappen, bevorzugtes Opfer: der Entenschnabeldinosaurier. Er war relativ hoch entwickelt, aber (auf Grund seines unsozialen Verhaltens) ziemlich unbeliebt. Die Flintstones strafen ihn weitestgehend mit Missachtung, im "Jurassic Park" Hollywoods muss er als moderner Fiesling herhalten. Die Schweden hingegen gelten als nett, gesellschaftsfähig und mit guten Tischmanieren ausgestattet (auch wenn der Rezensent schon das Gegenteil erlebt hat). Wer also ist besser prädestiniert für die Resozialisierung des missverstandenen Kolosses aus der Kreidezeit als die netten Nachbarn vom Polarkreis? Den Anfang machen die Hives, wahrscheinlich, weil sie im Moment die einzigen Schweden sind, die in einer Liga mit dem König der Urzeit spielen können. Nach den ersten beiden Alben schwante einem ja schon, dass irgendwann die grosse Beliebtheitswelle über die fünf recht selbstüberzeugten Punkrocker hereinbrechen würde. Vor "Tyrannosaurus Hives" heisst das: hohe Sicherheitsstufe, Interviewmarathon bei den Festivalauftritten in Deutschland und Heavy Rotation der viel versprechenden Single "Walk Idiot Walk" auf MTV, das alles brachte der Wechsel zum Major mit sich. Stellte sich nur noch die Frage, ob die Hives, der selbst erklärte Tyrannosaurus Rock, ihre Garage-Punk-Sixties-Linie verlassen und sich dem Mainstream hingeben, oder ob sie den Labelbossen ein Album vor die Füsse rotzen, dass ihnen die Schuhe putzt.
Naja, sie tun beides. Auf der einen Seite setzen sie die Entwicklung von "Barely Legal" zu "Veni Vidi Vicious" fort, wirken also etwas organisierter, nicht mehr so ungestüm, aber keineswegs zahm. Gleichzeitig liefern sie ihr bislang reifstes Werk ab, das eine erstaunliche Bandbreite aufweist, ohne in beliebige Richtungen zu zerfliessen. Liess "Walk Idiot Walk" die Öffentlichkeit noch weitgehend im Dunkeln, stellt der Opener "Abra Cadaver" klar, die Hives rocken nach wie vor mit einem gehörigen Spritzer Punkness. Auch "No Pun Intended" oder "See Through Head" unterstreichen dies kurz und knackig. Aber dann sind da halt noch die anderen Stücke, die vermuten lassen, dass dieses Album erst mit der Zeit an Grösse gewinnen wird: "Two-Timing Touch And Broken Bones" mit seinen Referenzen an die Sixties, aus denen auch der Klamotten-Stil der Hives 2004 stammt. Hier offenbart sich auch, dass das Album wohl bewusst nicht so fett produziert wurde, wie es heute sicher möglich ist, sondern den fast schon spröde-charmanten Charme des Mono-Zeitalters versprüht. Für Hives-Massstäbe fast vertrackt wird es mit "A Little More For Little You": ein Song wie "Find Another Girl", nur schneller und mit mehr Abwechslung durch Tempowechsel. Den wohl ungewohntesten Hörgenuss bietet "Diabolic Scheme", ein Track, der mit Streichern (!!!) und Gitarrensolo der Dramatik von Frontmann Almqvist Rechnung trägt. Bluesrock, ick hör' dir trapsen. Auch mit "Love In Plaster" rechtfertigen die Hives ihre kreative Auszeit von vier Jahren. Mit Achtziger-Drumming, Off-Beat-Gitarren und Surfsound-Bassläufen hören wir den wohl facettenreichsten Song der Hives ever. Die Zweifel, ob man den Fortschritt der Fünf aus Fagelsta gutheissen soll oder nicht, weichen spätestens hier Überzeugung. Und wer noch schwankt, der wird mit "Dead Quote Olympics" und "Antidote" versöhnt. Die Hives haben ein erstaunlich gutes Album zusammengestellt, das allerdings seine Zeit braucht, um an den richtigen Stellen die richtige Wirkung zu entfalten. Diese Zeit sollte man "Tyrannosaurus Hives" geben, der Furcht einflössende Riese will doch nur spielen und hat eine zweite Chance sicher verdient. Und der Erste, der der Redaktion schreiben kann, wo auf dem Album sich Randy Fitzsimmons, der ominöse Mentor der Hives versteckt, bekommt eine Antwortmail mit weiteren unnützen Fakten über den T.Rex.
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POP/ROCK
Red Hot Chili Peppers: Live In Hyde Park (2 CD)
Warum in den vergangenen 20 Jahren nicht einmal eingefleischte Fans einem Live-Album der Red Hot Chili Peppers entgegen fieberten, hat seinen Grund. Und jeder, der die Peppers schon einmal live gesehen hat, kennt ihn: Anthony Kiedis. Der Mann gehört fraglos zu den buntesten, bewegungsfreudigsten, keineswegs aber zu den begnadetsten Live-Performern im Rock-Zirkus. Töne fachgerecht auszuhalten, das muss bei Anthony nicht sein. Was seine Band in den 90er Jahren an Live-Tracks auf Maxi-B-Seiten verramschte, muss sogar als echte Frechheit bezeichnet werden. Seither frage ich mich jedenfalls auf jeder Plattenbörse, wer zur Hölle sich nur für die Armada an Peppers-Live-Bootlegs interessiert. Nun, vermutlich viele, denn die Peppers sind mittlerweile sattelfester Mainstream und schon seit zwei Alben mit Gitarrero-Hero John Frusciante wieder vereint, was Grund genug für ein Coming Out darstellen sollte. Und jenes geriet ausgesprochen mutig: "Live In Hyde Park" wurde vor vier Wochen (!) an drei Nächten auf der mächtigen Londoner Grünfläche vor 100.000 Menschen aufgenommen. Zeit für Overdubs scheint da wenig geblieben zu sein, was einerseits sympathisch, andererseits auch entlarvend ist. Doch um Kiedis zu entlasten, es ist überraschend selten schlimm mit seinem Vortrag: in "Universally Speaking" rettet Johns durchweg herzerwärmender Background-Gesang seine Schnitzer, "Fortune Faded", okay, ist schon recht hart, und bei "Parallel Universe" wird's richtig peinlich. Doch selbst hier stellt sich eine verschworene Gemeinde aus drei Leuten hinter den Sänger, ein Groove Collective der besonderen Art, wahre Rhythm Kings eben: Flea, John Frusciante und Chad Smith. Egal, was das Triumvirat anstellt, sofort ist der Rock'n'Roll im Haus. Schon beim Intro, eigentlich nicht mehr als eine lockere Aufwärmübung, herrscht akuter Kopfnicker-Alarm. Die anschliessenden Funkbomben "Can't Stop" und "Around The World" tun ihr Übriges. Heisser ist nur die Hölle! Gerade mit den Jam-Einlagen, Höhepunkte ihrer Shows, punktet das Trio meisterlich ("By The Way", "Purple Stain"). Die Freude begründet sich im Wesentlichen auch in der direkten Aufnahmequalität, die die Intensität eines Peppers-Livegigs beachtlich transportiert. Nur an der üppigen Trackauswahl, die natürlich vor allem die letzten zwei Studioalben umfasst, darf bemängelt werden, dass kein Oldie der Marke "Higher Ground" zum Zuge kommt und ausgerechnet das samtweiche "Venice Queen" fehlt, eines der mutigsten Peppers-Experimente der jüngsten Zeit. Dafür lockt "Live In Hyde Park" mit zwei neuen Songs, die es zudem nicht auf ein neues Studioalbum schaffen, wie verlässliche Quellen beteuern. Ganz vorne liegt hier der Funk-Stober "Rolling Sly Stone", der von "Blood Sugar Sex Magik" stammen könnte, und somit musikalisch eher was mit Sly, als mit den Stones zu tun hat. "Leverage Of Space" geht mehr in die Pop-Richtung des letzten Albums, und zeigt Flea als wahren Heiligen an seinem Instrument. Nur bei einem Song toppt er diese Leistung: "I Feel Love". Schon allein die Absurdität, dass sich eine Rockband an einem homoerotischen Disco-Hit der 70er Jahre versucht, ist einen Sonderapplaus wert. Und dann die Umsetzung: Flea slappt schneller als Giorgio Moroders Sequencerbeat, Smith spielt das Bassdrum- und Hi-Hat-Metronom und Frusciante jault einmal mehr wie Donna Summer in ihren besten Jahren. Demnächst vielleicht "Hypnotic Tango" von My Mine?
Gerade diese Stilvielfalt ist jedenfalls das Besondere an der Band, die mit "Brandy (You're a Fine Girl)" zudem einen süssen 70er Pop-Hit der längst vergessenen Formation Looking Glass vorstellt. Ansonsten: "Get On Top" und "Purple Stain" bersten live vor Energie, an Hitsongs wie "Californication", "Scar Tissue" und "Under The Bridge" gefallen vor allem Frusciantes abgewandelte Gitarrensoli. Insgesamt ist "Live In Hyde Park" ein durchaus hörenswertes Sound-Destillat der Londoner Chili-Parties. Den grössten Wunsch erfüllte den Kaliforniern in diesen Nächten ohnehin der Support Act: neben den Chicks On Speed, die leider keine warmen Dankesworte von Flea erhielten, trat "the one and only" James Brown auf. Zu einem Duett konnte die Band den Godfather of Soul leider nicht überreden.
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POP/ROCK
Superpunk: Einmal Superpunk, Bitte!
"Ich bin nicht böse gebooooren"! Diese ausschlaggebende Textzeile des Superhits "Neue Zähne für meinen Bruder und mich" gröle ich immer wieder gerne in meiner Wohnung, um die langweiligen und spiessigen Nachbarn ordentlich wachzurütteln. Gemeinsam mit den Superrebellen Superpunk dreht sich der Lautregler immer mehr in Richtung Maximum und die Boxen dröhnen. Supergeil! Damals hiess die aufbrausende Gehirnwäsche "Wasser Marsch!". Nach drei Jahren begrüsst uns endlich die Hamburg/Münchner Freundschaft mit "Einmal Superpunk bitte!", und die überwältigende Mischung aus Soul und Punk lässt auch auf diesem dritten Album nicht nach. Das Tempo der Superhymnen nimmt seinen bahnbrechenden Lauf. Unverkennbar die rotzige Kehle von Carsten Friedrich, der mal wieder so offen und ehrlich über das Leben philosophiert und seine Parolen in ironisch-bissige Geschichten packt. Nach über 200 Live-Konzerten schafft es das Quintett erneut, die richtigen Worte mit der passenden Melodie zu vereinen. Revolutionär beeinflusst und überzeugt es die Gehirnmassen dieser Gesellschaft. Man muss sie einfach nur lieben, denn sie lieben dich auch: "Tu einfach nur dein Bestes und mach dir keine Sorgen (...) Ich werde vorbeikommen und dich auflesen!" Rumpelige Instrumentaleinlagen, jede Menge Maxime, betörende Bläser, krachigen Gitarren aus der Garage, fette Rhythmen und swingende Keyboards. Das ist Super. Das ist Punk! Fünf Gentlemen mit den unterschiedlichsten Plattensammlungen zu Hause und allerlei Nebenprojekten (Stella, Phantom/Ghost) fabrizieren dreizehn Songs, die jeden Weisheitszahn zum Wackeln bringen. "Einmal Superpunk, bitte!" erklärt mit gewohnt einfachen und sehr einfühlsamen Worten den Alltag und seine Tücken. Der Kampf gegen das vermeintlich Böse schlägt wieder zu. Gegen die Nein-Sager dieser Stadt und gegen die Menschen, die es niemals verstehen werden. Hier erfährt man die wahre Erleuchtung über sich selbst (Ich mag den Mann nicht, der ich bin), immer wiederkehrende Überlegungen, die einem sofort aus dem Herzen sprechen (Raus aus dieser Stadt), das ewig traurig-schöne Leid mit der Liebe (Bitte verlass mich nicht) und das positive Denken in einer "ach so schlimmen Welt" (Ich weigere mich, aufzugeben). Es gibt nur ein Leben, und das sollte unter anderem dazu genutzt werden, Superpunk zu hören. Wenn man Glück hat, erwischt man noch eine limitierte CD mit vier Bonustracks, u.a. der Live-Version vom Klassiker "Auf ein Wort Herr Fabrikant" und einem Videoclip zu "Ich weigere mich, aufzugeben"! Mit diesen Supersongs vergeht nicht nur die schlechte Laune und das trübe Wetter, nein, auch Mädchen dürfen mit der Platte flirten. Nicht nur die Jungs werden diesen Sommer wieder auf einem Dach über den Gleisen sitzen und brüderlich die Bierflaschen klingen lassen. Ich werde garantiert auch mit hopfen-geteerter Stimme (Jawohl, endlich trinke auch ich Bier!) meine Lieblingslieder bis zur Heiserkeit hinaus schreien und mich diesmal vor Glück auf die Knie zwingen.
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HIP HOP/RAP
Roots: The Tipping Point
"The Tipping Point". Nein, nicht "der tippende Punkt", sondern Titel des Albums und eines Buches von Malcolm Gladwell. Gladwell untersucht dort jenen magischen Moment, der aus einer kleinen Idee eine modische oder soziale Lawine werden lässt. Ob The Roots mit ihrem siebten Album eine solche auslösen können, bleibt fraglich. Die Jungs um Rhythm-Machine ?uestlove und Mic-Boss Black Thought werfen auf "The Tipping Point" einen ganz und gar schamlosen Blick Richtung Westcoast. Auf der Single "Don't Say Nuthin'" holt Scott Storch, Ex-The Roots und momentan angesagtester Produzent, Knight Rider-Synthies aus seinem Rechner, die sich mit der roots'schen Groove Armada zu einem Cruise-Inferno vereinen. Etwas vorsichtigerer G-Funk ertönt bei "Stay Cool" und "Somebody's Gotta Do It". Während die Aufforderung "Bleib Cool" selbst in Philly die Sonne chillen lässt, sorgt letzteres dank zartem Elektro-Geflüster und Soul-Refrain für nachdenkliche Stimmung. Höhepunkt der Lowrider-Orgie ist jedoch "Guns Are Drawn". Das Beatfundament erinnert an live eingespielte Dr. Dre-Klassiker, der genuschelte Reggae-Hook bringt die sozialkritische Message von Black Thought zur Geltung, der mahnt: "stop running around in Circles". Überhaupt spuckt Black Thought einige Asse aus seinem Mund. Gelungenster Reimclou ist auf dem Sly And the Family Stone sampelnden Opener "Star" die Ansage an die ganze Star Search-Scheisse im allgemeinen und P. Diddys "Making The Band" im speziellen: "You know why we all stars, and we higly evolved. Hip Hop is not Pop like Kylie Minogue." Selbst bei einen Club-Brenner wie "Duck Down". Bei nur zehn Tracks fallen die etwas minder talentierten Tunes jedoch schwerer ins Gewicht. "Boom" langweilt mit abgenudelten Old School-Breaks, "Web" kopiert zu offensichtlich treibende RZA-Styles, und "Why" blubbert belanglos nett und smooth ins Ohr rein und raus. Im Endeffekt zählt jedoch: "I don't care as long as the bass line thumping, the drum line banging away." Trotz der gebremsten Lawine ist den Roots wieder ein grosser Wurf gelungen.
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BLUES / POP/ROCK
Dr. John: Nawlinz Dis,Dat,Or Dudda
Dieses Album ist eine musikalische Hommage von Dr. John an seine Heimat "N'Awlinz" (Dialektlautschrift von New Orleans). Selbstverständlich sind immer Einflüsse der afroamerikanischen Musik der Südstaaten bei seinen Blues-Funk-Stücken zu hören, doch bei dieser CD findet eine direkte Würdigung statt. Dazu holte er sich einige Grössen der Blues/Jazz-Szene wie B.B. King, Willi Nelson, Randy Newman, Mavies Staples, Cyril Neville, Dave Bartholomew und die Dirty Dozen Brass Band. Dr. John hat eine gute CD eingespielt. Beim Hören vieler Stücke spürt man die Schwüle des Mississippi-Deltas förmlich auf der Haut. So kann man bei dem melancholischen Eröffnungssong mit Latin-Anleihen gleich das grandiose Pianospiel des Night Trippers geniessen. Schade, dass schon nach 2:14 Minuten schon wieder Schluss ist. Da hätte er sich doch noch ein paar Improvisationen hingeben können. Als nächstes folgt in einer ganz eigenwilligen Interpretation das wohl am meisten in New Orleans gespielte Stück überhaupt. "When The Saints Go Marching In" spielt die Band in schleppendem Tempo, darüber führt Mavis Staples den Lead-Gesang in bruchstückhafter Weise. Die Pausen füllt der von Davell Crawford arrangierte Chor mit düsteren Akkorden aus. Weitere Glanzpunkte des Albums sind die Lieder, bei denen der Dr. die Blechbläser in der für "N'Awlinz" typischen Weise einsetzt. "Lay My Burden Down" und "Time Marches On" mit der Dirty Dozen Brass Band oder "Chickee Le Pas" mit den Wardell Quezergue Horns und den Mardi Gras Indians vermischen in unnachahmlicher Weise tänzerische Leichtigkeit und eine gewisse Schwere, wie es nur im Mardi Gras möglich ist. In eine ähnliche Kerbe schlagen "I Ate Up The Apple Tree", "Stakalee" oder auch "St. James Infirmary", wobei sie mehr in die Blues/R'n'B-Richtung mit Combo-Besetzung gehen. Besonders "I Ate Up The Apple Tree" mit Randy Newman vermittelt eine mitreissende Stimmung mit hautnahem Kneipen-Feeling, so dass Mitsingen fast unvermeidlich ist. Zwei besondere Fälle sind "The Monkey" und "Eh Las Bas". Dave Bartholomew imitiert mit gedämpfter Trompete beim erstgenannte Stück das Geschwätz von drei Affen, während Eddie Bo erzählt, was die so anstellen. Beim zweitgenannten Song spielt Dr. John mit der Orgel eine Melodie, die auch im guten alten deutschen Schlager vorkommen könnte. Natürlich sind Phrasierung und Rhythmik der Interpretation des Edward Ory-Songs der deutschen Unterhaltung meilenweit überlegen und zaubern einem ein Grinsen ins Gesicht. Darüber hinaus ist es interessant festzustellen, wie direkt sich mitteleuropäische Einflüsse in der Südstaatenmusik wieder finden. Eher schwach fallen die Stücke aus, bei denen Malcom Rebenack seinen altbewährten Blues-Funk darbietet. "Marie Laveau" oder "Dis Dat Or D'Udda" plätschern so dahin. Ein Laid-Back-Funk-Groove mit ein wenig Backgroundchor und dem knurrigen Gesang vom Bandleader kennt man zu Genüge. Weder Melodie noch Soli oder Begleitung erregen besondere Aufmerksamkeit. Der Altmeister und seine Band spielen hier eher mit Routine als mit Begeisterung. Insgesamt ist es Dr. John gut gelungen, die feuchtwarme musikalische Stimmung von New Orleans einzufangen. Die zahlreichen Gastmusiker, die Mr. Rebenack nach seiner langen Laufbahn kennt, ergänzen das phantastische Klavierspiel gut und tragen mit zur grossen Bandbreite der Musik von Blues, Jazz, Latin, über Mardi Gras, kreolischen Einflüssen, etwas Voodoo- Kult, bis hin zur europäischen Musikkultur bei. Diese Platte führt man sich am bestem an einem drückend warmen Sommerabend mit Drink zu Gemüte und geniesst das Leben zwischen Schwermut und Frohsinn.
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HEAVY METAL
Unleashed: Sworn Allegiance
Die Schweden von Unleashed scheinen es mit ihrer Rückkehr tatsächlich ernst zu meinen. War ich von der Comeback-Scheibe "Hell's Unleashed" vor zwei Jahren nur bedingt überzeugt, so legen sie mit "Sworn Allegiance" ein wirklich gutes Album vor, das die Existenzberechtigung der Death Metaller deutlich unterstreicht. Mit dem Opener "Winterland" machen Unleashed von Anfang an klar, dass sie sich auf alte Stärken besinnen und sich wieder mehr im Death Metal suhlen, als auf dem für meinen Geschmack sehr hardcore-lastigen Vorgänger. Mit einem guten Pfund Geschwindigkeit versucht uns Meister Hedlund die zugeschneiten Weiten seines Heimatlandes schmackhaft zu machen - nicht ohne Erfolg. Im gleichen Masse geht es weiter. Die Songs sind recht simpel, gehen aber voll auf die Zwölf und sind meist mit einem Chorus ausgestattet, den man schon nach dem zweiten Durchlauf mitgrölen kann. Der Humor bei "Only The Dead" oder das höllisch groovende "One Night In Nazareth" ist manch einem vielleicht zu schwarz, aber an solchen Kleinigkeiten sollte man sich nicht stören. Viel eher kann man sich über absolute Mörderriffs freuen, die einem die Rübe absägen und mit einigen wirklich geilen Leadgitarren garniert sind.
Allein mit dem treibenden "The Longships Are Coming", bei dem man sich wirklich vorstellen kann, wie sehr einem die Hose geflattert haben muss, als die Drachenboote irgendwo an der Küste aufgetaucht sind, überschreiten die Schweden die Vier-Minuten-Marke. Alle anderen Songs bringen die Jungs in kürzester Zeit auf den Punkt. Das treffend betitelte "Attack" rotzt sich unter zwei Minuten in den Gehörgang. Das Quartett dürfte langsam massive Probleme haben, sich ein Live-Setlist zusammen zu stellen, denn allein auf "Sworn Allegiance" sind dermassen viele geile Songs drauf, die unbedingt gespielt werden müssen, dass eigentlich kaum mehr Platz für die alten Klassiker bleibt. "Metalheads" ist wohl genauso Pflichtprogramm wie das vom Groove her schon beinahe mit Rob Zombie vergleichbare "CEO", das mit einem sehr interessanten, orientalischen Solo verzierten "To Miklagard" oder das noch mal kräftig drückende "Long Live The Beast". Das sollten wohl mindestens drei Stunden Spielzeit werden, Jungs. Alles andere wären nur halbe Sachen.
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TRANCE / DANCE
Mauro Picotto: Meganite (2 CD)
Jahrelang galt der italienische DJ und Produzent Mauro Picotto als Trance-Ikone. Nur wenige konnten ihm an den Turntables und im Studio das Wasser reichen. Die grössten Venues rund um den Globus waren für Picotto gerade mal gross genug. Mit "Pulsar" und "Komodo" landete er zwei grosse Clubhits, denen inzwischen der Status des Klassikers nicht mehr abzusprechen ist. Mit seiner neuen Mix-CD und dem gleichnamigen Clubkonzept "Meganite" legt Mauro Picotto nun eine härtere Gangart an den Tag als in der Vergangenheit. Der Stilwechsel weg von trancig verspielten Flächen hin zu technoid funktionaler Kompaktheit deutete sich seit längerem an, sollte aber nicht überbewertet werden, wie Picotto vor einiger Zeit im Interview mit dem britischen Onlineportal www.clubbing-uk.com unterstrich: "I wouldn't class myself a techno dj, I'm just a dj that plays the music that he likes and I hope other people like."
Das grosse 'Coming Out' für Picotto kam im März 2002 in Miami bei der jährlichen Winter Music Conference. Dort stellte er sein Clubkonzept "Meganite" erstmals vor und gab seine Visitenkarte in Form einer ausverkauften Party ab. Mit ihm an den Turntables stand damals Marco Carola, Italiens bekanntester Botschafter in Sachen hart pumpenden Techno-Grooves. Nach Gastspielen von New York über Dublin bis Amsterdam macht Meganite 2004 erstmals auf der Partyinsel Ibiza Station.
Einmal wöchentlich dreht Picotto unterstützt von Gästen wie Chris Liebing, Misstress Barbara oder Cari Lekebusch hier die Plattenspieler. Einen Vorgeschmack auf das Sommer-Event gibt uns Picotto mit seiner Mix-Compilation "Meganite". Durchweg knackig rockende Technotracks zieht Mauro Picotto aus dem Plattenkoffer. Seine Lieblingstracks der vergangenen Monate finden sich auf dem ersten Silberling, während die zweite CD Platz bietet für ein Liveset seines Studiopartners Riccardo Ferri, mit dem er im vergangenen Jahr bereits auf dem britischen Label Primate Recordings Technokost der härteren Art auftischte. Für den "Meganite"-Mix zeichnet sich eine Vorliebe von Picotto für wohlige Sequenzerlines mit mächtig anschiebender Bassuntermalung ab. Kein Wunder, dass sich in seinem Set mit DJ Tonio, David Carretta und Beroshima gleich mehrere Produzenten finden, die sich auf dieser Spielwiese in der Vergangenheit gemütlich eingerichtet haben.
Mit dem neuen Alter Ego Track "Rocker", dessen abgefuckte Sounds jeden Pillenkopf zum Wahnsinn treiben, und dem minimalistischen "Dream Machine" von Polens Newcomer Jacek Sienkiewicz finden sich auf "Meganite" auch zwei faustdicke Überraschungen. Weiter so Herr Picotto, das hat Format und macht Lust auf Sommernächte unter spanischer Sonne.
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MUSIK DVD
Soft Cell: Non-Stop Exotic Video Show
80er Jahre-Fans werden sich die letzte Juliwoche besonders dick im Kalender angestrichen haben. Lavendelfarbene Einladungen sind verschickt, die Getränke kühl gestellt, Chips und Knabberzeug warten auf hungrige Münder, und das Heimkino harrt im Standby-Modus der Dinge, die da kommen mögen. Grund für die überschwengliche Partystimmung ist das DVD-Release von Soft Cells 1982er Synthie-Trash Machwerk "Non Stop Exotic Video Show". Zwölf Songs lang entführen uns Soft Cell in die zwielichtig barocke Welt ihres Londoner Lieblingsviertels Soho. Mit unmissverständlichen Leuchtreklamen locken sie die Zuschauer in das Nachtleben der britischen Hauptstadt, vorbei an heruntergekommenen Clubs, schmierigen Transvestiten und geldhungrigen Liebesdienern. In einem schäbigen Erotikkino mit durchgesessenen Sitzen flimmert Soft Cells "Seedy Films" über die Leinwand. Der verruchten Welt der Sexshops und Stricher huldigen Marc Almond und Dave Ball im praktischen Vierminutenformat.Neben solchen, weniger bekannten Perlen enthält Soft Cells erotische Video-Show, wie das filmische Debüt 1982 politisch korrekt betitelt wurde, natürlich auch die grossen Schmachtfetzen des Duos. Allen voran "Tainted Love", die mit viel Pathos in Szene gesetzte Gloria Jones-Coverversion, die die beiden Kunststudenten Marc Almond und Dave Ball 1981 aus ihrem engen Proberaum in Leeds direkt an die Spitzen der Charts katapultierte. "Non Stop Exotic Video Show" erfreut die Zuschauer mit dem im Musikfernsehen selten gezeigten "Tainted Love"-Originalvideo. Mit "Bedsitter", "Torch" und "Say Hello Wave Goodbye" bringen Soft Cell auch die übrigen Hitsingles des Albums in Anschlag. Noch bevor MTV die 80er Jahre zum Jahrzehnt des Videoclips machte, beweisen Soft Cell hier einen guten Riecher für neue Medien und gefallen sich sichtlich in der Rolle der schauspielernden Musiker. Hält sich Dave Ball meist dezent im Hintergrund, so blüht der androgyne Marc Almond vor der Kamera erst richtig auf. Expressive Gestik, schmalzige Intonation und divenhaft entrückte Lyrics gleich inklusive. Neben erwähnten Hitsingles unternahmen Soft Cell 1982 auch das Wagnis, die weniger populären Songs ihres Albums "Non Stop Erotic Cabaret" zu bebildern. So entstand die rund einstündige "Non Stop Exotic Video Show", die nun im voluminösen 5.1 Sound mächtig aus den Boxen drückt. Kein Wunder, dass Soft Cell auf den Dancefloors der Welt heute wieder so aktuell sind wie vor zwanzig Jahren. Neuabgemischt versetzen "Sex Dwarf" oder "Memorabilia" jeden in Ekstase.
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Text-Quellen: Diverse
11.08.2004 21:16:17 / enzo
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