News Detail: CD: Top Tipps |
HIP
HOP/RAP
Terror
Squad: True Story
Der Thron ist verwaist. Die Rivalen der Rapbahn bereiten sich auf den Kampf
um das Erbe von Jay-Z
vor. Nicht ein Hip Hop-Superstar, der nicht versucht, seine Neuentdeckungen
und Signings an den Head zu bringen. Auch Bronx-Pate Fat
Joe aka Joey Crack lässt seine Künstler von der Leine
und schiebt zur Profilierung schnell das zweite Posse-Album seiner Terror
Squad nach. Taktisch klug schickte der dicke Joe jedoch zuerst Scott
Storchs "Lean Back" in die Clubs und Charts. Auf dem minimalistischen
Synthie-Monster malt Joe mit Terror
Squads First Lady Remy Martin ein nettes Bild vom richtig coolen
Verhalten auf der Tanzfläche. "Said my niggaz don't dance we just
pull up our pants. And do the rockaway, now lean back, lean back",
erklärt Fat
Joe, und Remy ergänzt: "We gangsta, and gangstas don't
dance with boogies. So never mind how we got in here with burners and hoodies.
Listen we don't pay admission and the bouncers don't check us. And we -
walk around the metal detectors." Jene Remy Martin greift mit ihrem
modernen Punchline-Style natürlich nicht nach dem Königssessel,
sondern versucht, sich mit aller Macht zur neuen Rap-Queen emporzuschwingen.
Alte Damen wie Foxy
Brown und Lil'
Kim können ihr wohl nicht mehr gefährlich werden, und
ihre Rivalin Lady
Luck hat Remy ja bereits zweimal in einer Battle besiegt. Doch um
Konkurrenten wie Rah
Digga, Jean
Grae oder Trina
klar zu distanzieren, muss ihre gute Leistung auf "True Story"
nur ein Anfang gewesen sein. Neben Remy gehören noch die Rapper Armageddon
und Prospect sowie R'n'B-Sänger Tony Sunhsine Sänger zu Fat
Joes Terror
Squad-Truppe, während die früheren Kumpels Triple Seis
und Cuban Link fehlen. Jeder der drei darf seine Skills auf je einem Solostück
anpreisen. Tony Sunhine ehrt über einem originellen Ruth Copeland-Sample
in Kanye
West-Manier die sommerlichen "Streets Of NY". Armageddon
geht auf dem vielschichtig melancholischen Kopfnicker "Pass Away"
tief wie der Mariannengraben, und Prospect tobt sich auf dem Eastcoast-Tune
"Thunder In The Air" aus. Insgesamt bieten die drei Männer
jedoch zu wenig, um in die Fussstapfen der ganz Grossen treten
zu können, und zu viel, um für ewig aus dem Rapgame verbannt zu
werden. Auch das Niveau der restlichen Tracks ist maximal überdurchschnittlich,
ohne die Klasse von "Lean Back" zu erreichen. "Let Them Things
Go" bounct mit tiefem Bass und nervig fieser Synthie-Fiction, während
"Take Me Home" mit einem Roberta
Flack-Sample "If Only For One Night" als mittelprächtiger
Kanye
West-Clone schwülstig soult. Also, "Lean Back"-Single
kaufen, und gut ist.
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POP/ROCK
Uncle
Kracker: 72 And Sunny
Ohje, ohje. Was ist das denn? Uncle
Kracker hat mit "72 & Sunny" ein Album vorgelegt,
das selbst den hartgesottensten Gitarrenmusik-Feind in die Persönlichkeitsspaltung
treiben kann. "Detroit-Country-Pop!" mault die vertraute Stimme
im Kopf. "Klingt schon beim ersten Hören, wie 1.000 mal durchgenudelt."
In der Tat: Innovativ ist an dieser Platte nichts. Und, ja. Es ist bedenklich,
wenn man anhand einer Textzeile sofort die nächste abschätzen
kann. Glaubt ihr nicht? Ist aber so. "On every page you will see how
much I love you." Wie wird die nächste Zeile lauten? Klar: "In
every line you will see how much I care." Unsäglich absehbar.
Erbärmlich, im Grunde. Und doch ist es gerade die Absehbarkeit der
Platte, die einen nicht unerheblichen Teil ihres Reizes ausmacht. Man fühlt
sich sofort wunderbar zu Hause. Man kennt sich aus, man weiss, was
passiert. Unangenehme Überraschungen ausgeschlossen. Matt Shafer hat
eine starke Stimme, die auf einem Singer/Songwriter-Album wie "72 &
Sunny" auch prächtig zur Geltung kommt. Es fehlt ein Hit wie einst
"Follow me", dafür haben die Songs durchweg wirklich, wirklich
schöne Melodien, die ins Ohr gehen, und da auch bleiben. Weil: Sie
klingen eben wie schon 1.000 mal durchgenudelt. Was den Zauber eines Schmachtfetzens
wie "Don't Know How (Not To Love You)" seltsamerweise nur unwesentlich
schmälert. Anleihen aus Hip Hop und Rock, wie sie auf früheren
Uncle-Kracker-Alben
noch zu finden waren, fehlen völlig. Schade, so ist es eben nur, wie
gesagt, Detroit-Country-Pop.
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POP/ROCK
Hives:
Tyrannosaurus Hives
Zum Anfang ein kleiner erdgeschichtlicher Exkurs: Der Tyrannosaurus Rex
lebte vor ca. 65 Millionen Jahren und galt als der fleischfressende König
der Saurier. Mit seinen über 20 Zentimeter langen Zähnen konnte
er bis zu 250 Kilo Fleisch auf einmal schnappen, bevorzugtes Opfer: der
Entenschnabeldinosaurier. Er war relativ hoch entwickelt, aber (auf Grund
seines unsozialen Verhaltens) ziemlich unbeliebt. Die Flintstones
strafen ihn weitestgehend mit Missachtung, im "Jurassic
Park" Hollywoods muss er als moderner Fiesling herhalten. Die
Schweden hingegen gelten als nett, gesellschaftsfähig und mit guten
Tischmanieren ausgestattet (auch wenn der Rezensent schon das Gegenteil
erlebt hat). Wer also ist besser prädestiniert für die Resozialisierung
des missverstandenen Kolosses aus der Kreidezeit als die netten Nachbarn
vom Polarkreis? Den Anfang machen die Hives,
wahrscheinlich, weil sie im Moment die einzigen Schweden sind, die in einer
Liga mit dem König der Urzeit spielen können. Nach den ersten
beiden Alben schwante einem ja schon, dass irgendwann die grosse Beliebtheitswelle
über die fünf recht selbstüberzeugten Punkrocker hereinbrechen
würde. Vor "Tyrannosaurus Hives"
heisst das: hohe Sicherheitsstufe, Interviewmarathon bei den Festivalauftritten
in Deutschland und Heavy Rotation der viel versprechenden Single "Walk
Idiot Walk" auf MTV, das alles brachte der Wechsel zum Major mit sich.
Stellte sich nur noch die Frage, ob die Hives,
der selbst erklärte Tyrannosaurus Rock, ihre Garage-Punk-Sixties-Linie
verlassen und sich dem Mainstream hingeben, oder ob sie den Labelbossen
ein Album vor die Füsse rotzen, dass ihnen die Schuhe putzt.
Naja, sie tun beides. Auf der einen Seite setzen sie die Entwicklung von
"Barely Legal" zu "Veni Vidi Vicious" fort, wirken also
etwas organisierter, nicht mehr so ungestüm, aber keineswegs zahm.
Gleichzeitig liefern sie ihr bislang reifstes Werk ab, das eine erstaunliche
Bandbreite aufweist, ohne in beliebige Richtungen zu zerfliessen. Liess
"Walk Idiot Walk" die Öffentlichkeit noch weitgehend im Dunkeln,
stellt der Opener "Abra Cadaver" klar, die Hives
rocken nach wie vor mit einem gehörigen Spritzer Punkness. Auch "No
Pun Intended" oder "See Through Head" unterstreichen dies
kurz und knackig. Aber dann sind da halt noch die anderen Stücke, die
vermuten lassen, dass dieses Album erst mit der Zeit an Grösse
gewinnen wird: "Two-Timing Touch And Broken Bones" mit seinen
Referenzen an die Sixties, aus denen auch der Klamotten-Stil der Hives
2004 stammt. Hier offenbart sich auch, dass das Album wohl bewusst nicht
so fett produziert wurde, wie es heute sicher möglich ist, sondern
den fast schon spröde-charmanten Charme des Mono-Zeitalters versprüht.
Für Hives-Massstäbe
fast vertrackt wird es mit "A Little More For Little You": ein
Song wie "Find Another Girl", nur schneller und mit mehr Abwechslung
durch Tempowechsel. Den wohl ungewohntesten Hörgenuss bietet "Diabolic
Scheme", ein Track, der mit Streichern (!!!) und Gitarrensolo der Dramatik
von Frontmann Almqvist Rechnung trägt. Bluesrock, ick hör' dir
trapsen. Auch mit "Love In Plaster" rechtfertigen die Hives
ihre kreative Auszeit von vier Jahren. Mit Achtziger-Drumming, Off-Beat-Gitarren
und Surfsound-Bassläufen hören wir den wohl facettenreichsten
Song der Hives
ever. Die Zweifel, ob man den Fortschritt der Fünf aus Fagelsta gutheissen
soll oder nicht, weichen spätestens hier Überzeugung. Und wer
noch schwankt, der wird mit "Dead Quote Olympics" und "Antidote"
versöhnt. Die Hives
haben ein erstaunlich gutes Album zusammengestellt, das allerdings seine
Zeit braucht, um an den richtigen Stellen die richtige Wirkung zu entfalten.
Diese Zeit sollte man "Tyrannosaurus Hives"
geben, der Furcht einflössende Riese will doch nur spielen und
hat eine zweite Chance sicher verdient. Und der Erste, der der Redaktion
schreiben kann, wo auf dem Album sich Randy Fitzsimmons, der ominöse
Mentor der Hives
versteckt, bekommt eine Antwortmail mit weiteren unnützen Fakten über
den T.Rex.
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POP/ROCK
Red
Hot Chili Peppers: Live In Hyde Park (2 CD)
Warum in den vergangenen 20 Jahren nicht einmal eingefleischte Fans einem
Live-Album der Red
Hot Chili Peppers entgegen fieberten, hat seinen Grund. Und jeder,
der die Peppers schon einmal live gesehen hat, kennt ihn: Anthony Kiedis.
Der Mann gehört fraglos zu den buntesten, bewegungsfreudigsten, keineswegs
aber zu den begnadetsten Live-Performern im Rock-Zirkus. Töne fachgerecht
auszuhalten, das muss bei Anthony nicht sein. Was seine Band in den 90er
Jahren an Live-Tracks auf Maxi-B-Seiten verramschte, muss sogar als echte
Frechheit bezeichnet werden. Seither frage ich mich jedenfalls auf jeder
Plattenbörse, wer zur Hölle sich nur für die Armada an Peppers-Live-Bootlegs
interessiert. Nun, vermutlich viele, denn die Peppers sind mittlerweile
sattelfester Mainstream und schon seit zwei Alben mit Gitarrero-Hero John
Frusciante wieder vereint, was Grund genug für ein Coming Out
darstellen sollte. Und jenes geriet ausgesprochen mutig: "Live In Hyde
Park" wurde vor vier Wochen (!) an drei Nächten auf der mächtigen
Londoner Grünfläche vor 100.000 Menschen aufgenommen. Zeit für
Overdubs scheint da wenig geblieben zu sein, was einerseits sympathisch,
andererseits auch entlarvend ist. Doch um Kiedis zu entlasten, es ist überraschend
selten schlimm mit seinem Vortrag: in "Universally Speaking" rettet
Johns durchweg herzerwärmender Background-Gesang seine Schnitzer, "Fortune
Faded", okay, ist schon recht hart, und bei "Parallel Universe"
wird's richtig peinlich. Doch selbst hier stellt sich eine verschworene
Gemeinde aus drei Leuten hinter den Sänger, ein Groove Collective der
besonderen Art, wahre Rhythm Kings eben: Flea, John
Frusciante und Chad Smith. Egal, was das Triumvirat anstellt, sofort
ist der Rock'n'Roll im Haus. Schon beim Intro, eigentlich nicht mehr als
eine lockere Aufwärmübung, herrscht akuter Kopfnicker-Alarm. Die
anschliessenden Funkbomben "Can't Stop" und "Around The World"
tun ihr Übriges. Heisser ist nur die Hölle! Gerade mit den Jam-Einlagen,
Höhepunkte ihrer Shows, punktet das Trio meisterlich ("By The
Way", "Purple Stain"). Die Freude begründet sich im
Wesentlichen auch in der direkten Aufnahmequalität, die die Intensität
eines Peppers-Livegigs beachtlich transportiert. Nur an der üppigen
Trackauswahl, die natürlich vor allem die letzten zwei Studioalben
umfasst, darf bemängelt werden, dass kein Oldie der Marke "Higher
Ground" zum Zuge kommt und ausgerechnet das samtweiche "Venice
Queen" fehlt, eines der mutigsten Peppers-Experimente der jüngsten
Zeit. Dafür lockt "Live In Hyde Park" mit zwei neuen Songs,
die es zudem nicht auf ein neues Studioalbum schaffen, wie verlässliche
Quellen beteuern. Ganz vorne liegt hier der Funk-Stober "Rolling Sly
Stone", der von "Blood Sugar Sex Magik" stammen könnte,
und somit musikalisch eher was mit Sly, als mit den Stones zu tun hat. "Leverage
Of Space" geht mehr in die Pop-Richtung des letzten Albums, und zeigt
Flea als wahren Heiligen an seinem Instrument. Nur bei einem Song toppt
er diese Leistung: "I Feel Love". Schon allein die Absurdität,
dass sich eine Rockband an einem homoerotischen Disco-Hit der 70er Jahre
versucht, ist einen Sonderapplaus wert. Und dann die Umsetzung: Flea slappt
schneller als Giorgio
Moroders Sequencerbeat, Smith spielt das Bassdrum- und Hi-Hat-Metronom
und Frusciante jault einmal mehr wie Donna
Summer in ihren besten Jahren. Demnächst vielleicht "Hypnotic
Tango" von My Mine?
Gerade diese Stilvielfalt ist jedenfalls das Besondere an der Band, die
mit "Brandy (You're a Fine Girl)" zudem einen süssen 70er
Pop-Hit der längst vergessenen Formation Looking Glass vorstellt. Ansonsten:
"Get On Top" und "Purple Stain" bersten live vor Energie,
an Hitsongs wie "Californication", "Scar Tissue" und
"Under The Bridge" gefallen vor allem Frusciantes abgewandelte
Gitarrensoli. Insgesamt ist "Live In Hyde Park" ein durchaus hörenswertes
Sound-Destillat der Londoner Chili-Parties. Den grössten Wunsch erfüllte
den Kaliforniern in diesen Nächten ohnehin der Support Act: neben den
Chicks
On Speed, die leider keine warmen Dankesworte von Flea erhielten,
trat "the one and only" James
Brown auf. Zu einem Duett konnte die Band den Godfather of Soul
leider nicht überreden.
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POP/ROCK
Superpunk:
Einmal Superpunk, Bitte!
"Ich bin nicht böse gebooooren"! Diese ausschlaggebende Textzeile
des Superhits "Neue Zähne für meinen Bruder und mich"
gröle ich immer wieder gerne in meiner Wohnung, um die langweiligen
und spiessigen Nachbarn ordentlich wachzurütteln. Gemeinsam mit den
Superrebellen Superpunk
dreht sich der Lautregler immer mehr in Richtung Maximum und die Boxen dröhnen.
Supergeil! Damals hiess die aufbrausende Gehirnwäsche "Wasser
Marsch!". Nach drei Jahren begrüsst uns endlich die Hamburg/Münchner
Freundschaft mit "Einmal Superpunk
bitte!", und die überwältigende Mischung aus Soul und Punk
lässt auch auf diesem dritten Album nicht nach. Das Tempo der Superhymnen
nimmt seinen bahnbrechenden Lauf. Unverkennbar die rotzige Kehle von Carsten
Friedrich, der mal wieder so offen und ehrlich über das Leben philosophiert
und seine Parolen in ironisch-bissige Geschichten packt. Nach über
200 Live-Konzerten schafft es das Quintett erneut, die richtigen Worte mit
der passenden Melodie zu vereinen. Revolutionär beeinflusst und überzeugt
es die Gehirnmassen dieser Gesellschaft. Man muss sie einfach nur lieben,
denn sie lieben dich auch: "Tu einfach nur dein Bestes und mach dir
keine Sorgen (...) Ich werde vorbeikommen und dich auflesen!" Rumpelige
Instrumentaleinlagen, jede Menge Maxime, betörende Bläser, krachigen
Gitarren aus der Garage, fette Rhythmen und swingende Keyboards. Das ist
Super. Das ist Punk! Fünf Gentlemen mit den unterschiedlichsten Plattensammlungen
zu Hause und allerlei Nebenprojekten (Stella, Phantom/Ghost) fabrizieren
dreizehn Songs, die jeden Weisheitszahn zum Wackeln bringen. "Einmal
Superpunk,
bitte!" erklärt mit gewohnt einfachen und sehr einfühlsamen
Worten den Alltag und seine Tücken. Der Kampf gegen das vermeintlich
Böse schlägt wieder zu. Gegen die Nein-Sager dieser Stadt und
gegen die Menschen, die es niemals verstehen werden. Hier erfährt man
die wahre Erleuchtung über sich selbst (Ich mag den Mann nicht, der
ich bin), immer wiederkehrende Überlegungen, die einem sofort aus dem
Herzen sprechen (Raus aus dieser Stadt), das ewig traurig-schöne Leid
mit der Liebe (Bitte verlass mich nicht) und das positive Denken in einer
"ach so schlimmen Welt" (Ich weigere mich, aufzugeben). Es gibt
nur ein Leben, und das sollte unter anderem dazu genutzt werden, Superpunk
zu hören. Wenn man Glück hat, erwischt man noch eine limitierte
CD mit vier Bonustracks, u.a. der Live-Version vom Klassiker "Auf ein
Wort Herr Fabrikant" und einem Videoclip zu "Ich weigere mich,
aufzugeben"! Mit diesen Supersongs vergeht nicht nur die schlechte
Laune und das trübe Wetter, nein, auch Mädchen dürfen mit
der Platte flirten. Nicht nur die Jungs werden diesen Sommer wieder auf
einem Dach über den Gleisen sitzen und brüderlich die Bierflaschen
klingen lassen. Ich werde garantiert auch mit hopfen-geteerter Stimme (Jawohl,
endlich trinke auch ich Bier!) meine Lieblingslieder bis zur Heiserkeit
hinaus schreien und mich diesmal vor Glück auf die Knie zwingen.
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HIP
HOP/RAP
Roots:
The Tipping Point
"The Tipping Point". Nein, nicht "der tippende Punkt",
sondern Titel des Albums und eines Buches von Malcolm Gladwell. Gladwell
untersucht dort jenen magischen Moment, der aus einer kleinen Idee eine
modische oder soziale Lawine werden lässt. Ob The
Roots mit ihrem siebten Album eine solche auslösen können,
bleibt fraglich. Die Jungs um Rhythm-Machine ?uestlove und Mic-Boss Black
Thought werfen auf "The Tipping Point" einen ganz und gar schamlosen
Blick Richtung Westcoast. Auf der Single "Don't Say Nuthin'" holt
Scott Storch, Ex-The
Roots und momentan angesagtester Produzent, Knight
Rider-Synthies aus seinem Rechner, die sich mit der roots'schen
Groove
Armada zu einem Cruise-Inferno vereinen. Etwas vorsichtigerer G-Funk
ertönt bei "Stay Cool" und "Somebody's Gotta Do It".
Während die Aufforderung "Bleib Cool" selbst in Philly die
Sonne chillen lässt, sorgt letzteres dank zartem Elektro-Geflüster
und Soul-Refrain für nachdenkliche Stimmung. Höhepunkt der Lowrider-Orgie
ist jedoch "Guns Are Drawn". Das Beatfundament erinnert an live
eingespielte Dr.
Dre-Klassiker, der genuschelte Reggae-Hook bringt die sozialkritische
Message von Black Thought zur Geltung, der mahnt: "stop running around
in Circles". Überhaupt spuckt Black Thought einige Asse aus seinem
Mund. Gelungenster Reimclou ist auf dem Sly
And the Family Stone sampelnden Opener "Star" die Ansage
an die ganze Star Search-Scheisse im allgemeinen und P.
Diddys "Making The Band" im speziellen: "You know
why we all stars, and we higly evolved. Hip Hop is not Pop like Kylie
Minogue." Selbst bei einen Club-Brenner wie "Duck Down".
Bei nur zehn Tracks fallen die etwas minder talentierten Tunes jedoch schwerer
ins Gewicht. "Boom" langweilt mit abgenudelten Old School-Breaks,
"Web" kopiert zu offensichtlich treibende RZA-Styles,
und "Why" blubbert belanglos nett und smooth ins Ohr rein und
raus. Im Endeffekt zählt jedoch: "I don't care as long as the
bass line thumping, the drum line banging away." Trotz der gebremsten
Lawine ist den Roots
wieder ein grosser Wurf gelungen.
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BLUES
/ POP/ROCK
Dr.
John: Nawlinz Dis,Dat,Or Dudda
Dieses Album ist eine musikalische Hommage von Dr.
John an seine Heimat "N'Awlinz" (Dialektlautschrift von
New Orleans). Selbstverständlich sind immer Einflüsse der afroamerikanischen
Musik der Südstaaten bei seinen Blues-Funk-Stücken zu hören,
doch bei dieser CD findet eine direkte Würdigung statt. Dazu holte
er sich einige Grössen der Blues/Jazz-Szene wie B.B.
King, Willi
Nelson, Randy
Newman, Mavies
Staples, Cyril
Neville, Dave
Bartholomew und die Dirty
Dozen Brass Band. Dr.
John hat eine gute CD eingespielt. Beim Hören vieler Stücke
spürt man die Schwüle des Mississippi-Deltas förmlich auf
der Haut. So kann man bei dem melancholischen Eröffnungssong mit Latin-Anleihen
gleich das grandiose Pianospiel des Night Trippers geniessen. Schade, dass
schon nach 2:14 Minuten schon wieder Schluss ist. Da hätte er sich
doch noch ein paar Improvisationen hingeben können. Als nächstes
folgt in einer ganz eigenwilligen Interpretation das wohl am meisten in
New Orleans gespielte Stück überhaupt. "When The Saints Go
Marching In" spielt die Band in schleppendem Tempo, darüber führt
Mavis Staples den Lead-Gesang in bruchstückhafter Weise. Die Pausen
füllt der von Davell Crawford arrangierte Chor mit düsteren Akkorden
aus. Weitere Glanzpunkte des Albums sind die Lieder, bei denen der Dr. die
Blechbläser in der für "N'Awlinz" typischen Weise einsetzt.
"Lay My Burden Down" und "Time Marches On" mit der Dirty
Dozen Brass Band oder "Chickee Le Pas" mit den Wardell
Quezergue Horns und den Mardi Gras Indians vermischen in unnachahmlicher
Weise tänzerische Leichtigkeit und eine gewisse Schwere, wie es nur
im Mardi Gras möglich ist. In eine ähnliche Kerbe schlagen "I
Ate Up The Apple Tree", "Stakalee" oder auch "St. James
Infirmary", wobei sie mehr in die Blues/R'n'B-Richtung mit Combo-Besetzung
gehen. Besonders "I Ate Up The Apple Tree" mit Randy
Newman vermittelt eine mitreissende Stimmung mit hautnahem Kneipen-Feeling,
so dass Mitsingen fast unvermeidlich ist. Zwei besondere Fälle sind
"The Monkey" und "Eh Las Bas". Dave
Bartholomew imitiert mit gedämpfter Trompete beim erstgenannte
Stück das Geschwätz von drei Affen, während Eddie Bo erzählt,
was die so anstellen. Beim zweitgenannten Song spielt Dr.
John mit der Orgel eine Melodie, die auch im guten alten deutschen
Schlager vorkommen könnte. Natürlich sind Phrasierung und Rhythmik
der Interpretation des Edward Ory-Songs der deutschen Unterhaltung meilenweit
überlegen und zaubern einem ein Grinsen ins Gesicht. Darüber hinaus
ist es interessant festzustellen, wie direkt sich mitteleuropäische
Einflüsse in der Südstaatenmusik wieder finden. Eher schwach fallen
die Stücke aus, bei denen Malcom Rebenack seinen altbewährten
Blues-Funk darbietet. "Marie Laveau" oder "Dis Dat Or D'Udda"
plätschern so dahin. Ein Laid-Back-Funk-Groove mit ein wenig Backgroundchor
und dem knurrigen Gesang vom Bandleader kennt man zu Genüge. Weder
Melodie noch Soli oder Begleitung erregen besondere Aufmerksamkeit. Der
Altmeister und seine Band spielen hier eher mit Routine als mit Begeisterung.
Insgesamt ist es Dr.
John gut gelungen, die feuchtwarme musikalische Stimmung von New
Orleans einzufangen. Die zahlreichen Gastmusiker, die Mr. Rebenack nach
seiner langen Laufbahn kennt, ergänzen das phantastische Klavierspiel
gut und tragen mit zur grossen Bandbreite der Musik von Blues, Jazz, Latin,
über Mardi Gras, kreolischen Einflüssen, etwas Voodoo- Kult, bis
hin zur europäischen Musikkultur bei. Diese Platte führt man sich
am bestem an einem drückend warmen Sommerabend mit Drink zu Gemüte
und geniesst das Leben zwischen Schwermut und Frohsinn.
Jetzt
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HEAVY
METAL
Unleashed:
Sworn Allegiance
Die Schweden von Unleashed
scheinen es mit ihrer Rückkehr tatsächlich ernst zu meinen. War
ich von der Comeback-Scheibe "Hell's Unleashed"
vor zwei Jahren nur bedingt überzeugt, so legen sie mit "Sworn
Allegiance" ein wirklich gutes Album vor, das die Existenzberechtigung
der Death Metaller deutlich unterstreicht. Mit dem Opener "Winterland"
machen Unleashed
von Anfang an klar, dass sie sich auf alte Stärken besinnen und sich
wieder mehr im Death Metal suhlen, als auf dem für meinen Geschmack
sehr hardcore-lastigen Vorgänger. Mit einem guten Pfund Geschwindigkeit
versucht uns Meister Hedlund die zugeschneiten Weiten seines Heimatlandes
schmackhaft zu machen - nicht ohne Erfolg. Im gleichen Masse geht es weiter.
Die Songs sind recht simpel, gehen aber voll auf die Zwölf und sind
meist mit einem Chorus ausgestattet, den man schon nach dem zweiten Durchlauf
mitgrölen kann. Der Humor bei "Only The Dead" oder das höllisch
groovende "One Night In Nazareth" ist manch einem vielleicht zu
schwarz, aber an solchen Kleinigkeiten sollte man sich nicht stören.
Viel eher kann man sich über absolute Mörderriffs freuen, die
einem die Rübe absägen und mit einigen wirklich geilen Leadgitarren
garniert sind.
Allein mit dem treibenden "The Longships Are Coming", bei dem
man sich wirklich vorstellen kann, wie sehr einem die Hose geflattert haben
muss, als die Drachenboote irgendwo an der Küste aufgetaucht sind,
überschreiten die Schweden die Vier-Minuten-Marke. Alle anderen Songs
bringen die Jungs in kürzester Zeit auf den Punkt. Das treffend betitelte
"Attack" rotzt sich unter zwei Minuten in den Gehörgang.
Das Quartett dürfte langsam massive Probleme haben, sich ein Live-Setlist
zusammen zu stellen, denn allein auf "Sworn Allegiance" sind dermassen
viele geile Songs drauf, die unbedingt gespielt werden müssen, dass
eigentlich kaum mehr Platz für die alten Klassiker bleibt. "Metalheads"
ist wohl genauso Pflichtprogramm wie das vom Groove her schon beinahe mit
Rob
Zombie vergleichbare "CEO", das mit einem sehr interessanten,
orientalischen Solo verzierten "To Miklagard" oder das noch mal
kräftig drückende "Long Live The Beast". Das sollten
wohl mindestens drei Stunden Spielzeit werden, Jungs. Alles andere wären
nur halbe Sachen.
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TRANCE
/ DANCE
Mauro
Picotto: Meganite (2 CD)
Jahrelang galt der italienische DJ und Produzent Mauro
Picotto als Trance-Ikone. Nur wenige konnten ihm an den Turntables
und im Studio das Wasser reichen. Die grössten Venues rund um den Globus
waren für Picotto
gerade mal gross genug. Mit "Pulsar" und "Komodo" landete
er zwei grosse Clubhits, denen inzwischen der Status des Klassikers nicht
mehr abzusprechen ist. Mit seiner neuen Mix-CD und dem gleichnamigen Clubkonzept
"Meganite" legt Mauro
Picotto nun eine härtere Gangart an den Tag als in der Vergangenheit.
Der Stilwechsel weg von trancig verspielten Flächen hin zu technoid
funktionaler Kompaktheit deutete sich seit längerem an, sollte aber
nicht überbewertet werden, wie Picotto
vor einiger Zeit im Interview mit dem britischen Onlineportal www.clubbing-uk.com
unterstrich: "I wouldn't class myself a techno dj, I'm just a dj that
plays the music that he likes and I hope other people like."
Das grosse 'Coming Out' für Picotto
kam im März 2002 in Miami bei der jährlichen Winter Music Conference.
Dort stellte er sein Clubkonzept "Meganite" erstmals vor und gab
seine Visitenkarte in Form einer ausverkauften Party ab. Mit ihm an den
Turntables stand damals Marco
Carola, Italiens bekanntester Botschafter in Sachen hart pumpenden
Techno-Grooves. Nach Gastspielen von New York über Dublin bis Amsterdam
macht Meganite 2004 erstmals auf der Partyinsel Ibiza Station.
Einmal wöchentlich dreht Picotto
unterstützt von Gästen wie Chris
Liebing, Misstress
Barbara oder Cari
Lekebusch hier die Plattenspieler. Einen Vorgeschmack auf das Sommer-Event
gibt uns Picotto
mit seiner Mix-Compilation "Meganite". Durchweg knackig rockende
Technotracks zieht Mauro
Picotto aus dem Plattenkoffer. Seine Lieblingstracks der vergangenen
Monate finden sich auf dem ersten Silberling, während die zweite CD
Platz bietet für ein Liveset seines Studiopartners Riccardo
Ferri, mit dem er im vergangenen Jahr bereits auf dem britischen
Label Primate Recordings Technokost der härteren Art auftischte. Für
den "Meganite"-Mix zeichnet sich eine Vorliebe von Picotto
für wohlige Sequenzerlines mit mächtig anschiebender Bassuntermalung
ab. Kein Wunder, dass sich in seinem Set mit DJ
Tonio, David
Carretta und Beroshima
gleich mehrere Produzenten finden, die sich auf dieser Spielwiese in der
Vergangenheit gemütlich eingerichtet haben.
Mit dem neuen Alter Ego Track "Rocker", dessen abgefuckte Sounds
jeden Pillenkopf zum Wahnsinn treiben, und dem minimalistischen "Dream
Machine" von Polens Newcomer Jacek Sienkiewicz finden sich auf "Meganite"
auch zwei faustdicke Überraschungen. Weiter so Herr Picotto, das hat
Format und macht Lust auf Sommernächte unter spanischer Sonne.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 31.90 |
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MUSIK
DVD
Soft
Cell: Non-Stop Exotic Video Show
80er Jahre-Fans werden sich die letzte Juliwoche besonders dick im Kalender
angestrichen haben. Lavendelfarbene Einladungen sind verschickt, die Getränke
kühl gestellt, Chips und Knabberzeug warten auf hungrige Münder,
und das Heimkino harrt im Standby-Modus der Dinge, die da kommen mögen.
Grund für die überschwengliche Partystimmung ist das DVD-Release
von Soft
Cells 1982er Synthie-Trash Machwerk "Non Stop Exotic Video
Show". Zwölf Songs lang entführen uns Soft
Cell in die zwielichtig barocke Welt ihres Londoner Lieblingsviertels
Soho. Mit unmissverständlichen Leuchtreklamen locken sie die Zuschauer
in das Nachtleben der britischen Hauptstadt, vorbei an heruntergekommenen
Clubs, schmierigen Transvestiten und geldhungrigen Liebesdienern. In einem
schäbigen Erotikkino mit durchgesessenen Sitzen flimmert Soft
Cells "Seedy Films" über die Leinwand. Der verruchten
Welt der Sexshops und Stricher huldigen Marc Almond und Dave Ball im praktischen
Vierminutenformat.Neben solchen, weniger bekannten Perlen enthält Soft
Cells erotische Video-Show, wie das filmische Debüt 1982 politisch
korrekt betitelt wurde, natürlich auch die grossen Schmachtfetzen des
Duos. Allen voran "Tainted Love", die mit viel Pathos in Szene
gesetzte Gloria Jones-Coverversion, die die beiden Kunststudenten Marc Almond
und Dave Ball 1981 aus ihrem engen Proberaum in Leeds direkt an die Spitzen
der Charts katapultierte. "Non Stop Exotic Video Show" erfreut
die Zuschauer mit dem im Musikfernsehen selten gezeigten "Tainted Love"-Originalvideo.
Mit "Bedsitter", "Torch" und "Say Hello Wave Goodbye"
bringen Soft
Cell auch die übrigen Hitsingles des Albums in Anschlag. Noch
bevor MTV die 80er Jahre zum Jahrzehnt des Videoclips machte, beweisen Soft
Cell hier einen guten Riecher für neue Medien und gefallen
sich sichtlich in der Rolle der schauspielernden Musiker. Hält sich
Dave Ball meist dezent im Hintergrund, so blüht der androgyne Marc
Almond vor der Kamera erst richtig auf. Expressive Gestik, schmalzige Intonation
und divenhaft entrückte Lyrics gleich inklusive. Neben erwähnten
Hitsingles unternahmen Soft
Cell 1982 auch das Wagnis, die weniger populären Songs ihres
Albums "Non Stop Erotic Cabaret" zu bebildern. So entstand die
rund einstündige "Non Stop Exotic Video Show", die nun im
voluminösen 5.1 Sound mächtig aus den Boxen drückt. Kein
Wunder, dass Soft
Cell auf den Dancefloors der Welt heute wieder so aktuell sind wie
vor zwanzig Jahren. Neuabgemischt versetzen "Sex Dwarf" oder "Memorabilia"
jeden in Ekstase.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 32.80 |
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Text-Quellen:
Diverse |
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11.08.2004 21:16:17 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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