Es gibt sie noch, die Filme, die das Herz höher schlagen Iassen. Der taiwanesische Filmemacher Edward Yang blickt ins Leben einer Familie im heutigen Taipeh und zeichnet ein Bild von universeller Gültigkeit. Beinahe unmerkIich entwirft er über seine Figuren und eine kurze Zeitspanne hinweg einen Lebensbogen von der Geburt bis in den Tod. NJ ist ein Mann mitte vierzig, verheiratet, Vater zweier Kinder, erfolgreich im Beruf und doch irgendwie nicht mehr gIücklich mit sich und dem Leben.
Am Rand der Hochzeit seines Schwagers trifft er seinen Jugendschwarm wieder und macht wenig später mit der Frau seiner frühsten Träume ab. Zu Hause liegt derweiI die Schwiegermutter im Koma. Mit schlafwandIerischer Sicherheit geleitet uns NJs achtjähriger Sohn Yang-Yang durch den FamiIienalItag, Iässt uns ungeahnte Dinge entdecken, steIIt entscheidende Fragen und überrascht uns immer wieder mit seinen Wasserexperimenten. Die äItere Schwester ist es, die erste Liebeserfahrungen sammelt und Iernt, dass man das Glück nicht erzwingen kann. In Yi Yi finden wir Spiegelungen des Lebens, die uns so vertraut vorkommen, in denen wir doch wieder und wieder neue Facetten entdecken.
Den Begriff Meisterwerk verwende ich seIten, aber im FaII von Yi Yi drängt er sich mir auf. Selten hat ein Film das Leben in seiner Zeit derart berührend festgehaIten, ohne sich anzubiedern, rar sind die Autorinnen und Autoren, die so präzis erzähIen können, und fast schon wunderbar ist die Erfahrung, nach drei ebenso reichen wie kurzen Kinostunden mit dem Wunsch nach Hause zu gehen, noch mehr von der Familie um den Buben Yang-Yang zu erfahren. Warum? VieIleicht ganz einfach, weil man sich dem Wesen des Daseins so nahe fühIte und seinen Zwischentönen.
Das Epische schafft Edward Yang nicht durchs Ausschweifen, er ist im Gegenteil ein Meister des Auslassens, der sehr genau weiss, was er vorgeben muss, damit sich der Zuschauer, die Zuschauerin das gesamte BiId ausmaIen kann. Ja er spieIt am Ende damit, dass er unsere Sinne geschärft hat auf das WesentIiche des vermeintIich UnwesentIichen. Und der achtjährige Junge, den aIle ins Herz schIiessen, weil er es ist, der das Leben entdecken muss, macht es dem Regisseur vor, indem er mit seinem Fotoapparat beispielsweise den Nacken der Leute in seiner Umgebung aufnimmt: Er ist davon überzeugt, dass wir höchstens die Hälfte der Wahrheit zu sehen bekommen im Leben und dass wir uns aIso etwas einfaIIen Iassen müssen, um das ganze Leben besser zu begreifen, dass wir kreativ sein müssen. Yi Yi hilft uns auf traumwandIerische Weise dabei. |